Walther L. Bernecker: Juan Carlos I., König von Spanien. Ein biographisches Porträt

Lebensweg, Leistungen und Laster eines lupenreinen Demokraten

Rezension von Knud Böhle


1. Erster Überblick

1.1 Eine wissenschaftlich fundierte biografische Studie

Der Historiker Walther L. Bernecker, der sich seit rund 50 Jahren mit der neueren Geschichte Spaniens von A wie Anarchismus (Bernecker 1977) bis V wie Vergangenheitsaufarbeitung (zuletzt Bernecker 2023) eingehend beschäftigt, hat nun Ende 2024 die erste deutschsprachige Biografie des spanischen Königs Juan Carlos I de Borbón vorgelegt.1 Die detailreiche Darstellung wendet sich an einen »größeren deutschsprachigen Leserkreis« (S. 9). Die einen mögen den König vielleicht wegen seiner Leistungen im Transformationsprozess von der franquistischen Diktatur zur Demokratie, der so genannten Transición – grob gerechnet Mitte der 1970er bis Mitte der 1980er Jahre – in Erinnerung haben, andere bei seinem Namen eher an seine Korruptions- und Liebesaffären denken, die etwa ab 2008 nach und nach ans Licht kamen.2

Die vorliegende Biografie betrachtet den ganzen bisherigen Lebensweg und verknüpft ihn mit der Zeitgeschichte. In dieser wissenschaftlich fundierten, biografischen Studie (S. 8) ist es Bernecker wichtig, die Bedeutung einzelner Persönlichkeiten im historischen Prozess exemplarisch auszuleuchten ‒ hier konkret bezogen auf Juan Carlos. Das schließt ein, sich in den König hineinzuversetzen und sein Verhalten aus seiner Sicht und im Licht der Zeitumstände verstehen zu wollen. Insbesondere die Passagen, »die auf das persönliche (Fehl-)Verhalten eingehen, kommen ohne einen empathischen Zugang nicht aus« (S. 9).

Verzahnt wird in der Studie also die spanische Geschichte des 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts mit dem Schicksal der bourbonischen Dynastie. Über die Person des Königs Juan Carlos I ist die entscheidende Phase der Demokratisierung Spaniens nach Francos Tod mit dem strategischen Ziel der bourbonischen Dynastie, in der Nach-Franco-Ära eine wichtige politische Rolle zu spielen, verschränkt.

1.2. Eine politische Biografie

Als politische Biografie (S. 8) ist die Studie in zweierlei Hinsichten besonders aufschlussreich: Erstens wird die unwahrscheinliche Geschichte der 1930 abgeschafften Bourbonen-Dynastie erhellt, der es durch die Umstände möglich gemacht wurde und gelang, sich in die demokratische Verfassung von 1978 einzuschreiben und damit im Gefüge der politischen Institutionen erneut zu etablieren. Folgt man dem Buch, ist es schwer vorstellbar, dass diese »mission impossible« ohne die Persönlichkeit und die Tatkraft des Königs Juan Carlos I, der nach dem Tode Francos alles auf die Karte der Demokratie setzte, hätte erfolgreich sein können.

Zweitens wird der Absturz des Königs, seine Skandale, seine Abdankung, sein Rückzug aus der Öffentlichkeit, schließlich sein freiwilliges Exil ausführlich beleuchtet. Der aktuelle Aufenthaltsort des mittlerweile 86-jährigen Juan Carlos ist bezeichnenderweise kein Kloster, sondern Abu Dhabi, wo er in einer Art freiwilligem Luxusexil lebt.

Neben psychologischen Aspekten, die sein (Fehl)Verhalten verständlich machen sollen, wird auch die soziologisch institutionelle Seite befragt: Hätte das Fehlverhalten des Königs womöglich verhindert werden können? Bemerkenswert in dem Zusammenhang sind das lange Beschweigen der Skandale von Seiten der Medien sowie die mangelhaften familiären und politischen Kontrollmechanismen. Bemerkenswert ist gleichzeitig aber auch das unablässige Bemühen staatlicher Stellen – von der Exekutive über die Legislative bis zu den Geheimdiensten –, das Ansehen des Königs als Person und Institution in der Öffentlichkeit nicht beschädigen zu lassen. Bis heute ist Juan Carlos, der auch nach seiner Emeritierung 2014 noch als König angesprochen werden darf, nicht rechtskräftig verurteilt.

Im Folgenden soll auf Basis des vorliegenden Buches ‒ einführend oder zur Erinnerung ‒ der Lebensweg von Juan Carlos, gerafft und zugespitzt auf politisch relevante Aspekte, kurz dargestellt werden.

An manchen Stellen, und dann auch im Schlussabsatz, wird auf der Grundlage des von Bernecker ausgebreiteten Materials aufgezeigt, dass in der Beurteilung des Königs als Person und politischer Figur durchaus kritischere Akzente, als sie der Autor selbst setzt, gerechtfertigt sind. Leserinnen und Leser der Biografie werden sehen, welches Bild des Monarchen in ihnen im Lauf der Lektüre entsteht.

2. Juan Carlos 1938 bis 1974

Juan Carlos, Sohn des Juan de Borbón y Battenberg (20. Juni 1913 – 1. April 1993) und Enkel des früheren Königs Alfonso XIII (17. Mai 1886 – 28. Februar 1941), wurde am 5. Januar 1938 in Rom geboren. Unter dem Druck der internationalen politischen Verhältnisse nach dem Zweiten Weltkrieg hatte der Diktator Francisco Franco in einem Gesetz über die Nachfolge in der Staatsführung vom Juli 1948 verfügt, dass Spanien in Übereinstimmung mit seiner Tradition als Königreich verfasst ist (Art. 1) und der Staatschef den Cortes jederzeit die Person vorschlagen kann, von der er meint, dass sie eines Tages zu seiner Nachfolge berufen werden sollte (Art. 6).3

Im selben Jahr, Juan Carlos ist gerade mal zehn Jahre alt, vereinbaren sein Vater, meistens als Don Juan angesprochen, und der Diktator, den Jungen in Spanien ausbilden zu lassen. Für die Dynastie der Bourbonen erhöht sich damit die Chance, in der Zukunft politisch in Spanien wieder eine Rolle zu spielen. Im November 1948 kommt Juan Carlos in Spanien an und seine schulische und militärische Erziehung beginnt.

Zwei persönliche, beziehungsweise familiäre Ereignisse aus der Zeit der Ausbildung, ein tragisches und ein erfreuliches, seien kurz genannt. Juan Carlos ist 18 Jahre alt, als es zu einem tödlichen Unfall kommt, bei dem ein Schuss aus seiner Pistole dem jüngeren Bruder Alfonso das Leben kostet. Der Hergang ist letztlich ungeklärt und wurde nicht weiter untersucht: Der Vater der beiden Jungen, Don Juan, vermied selbstherrlich eine Untersuchung, veranlasste keine Obduktion und entsorgte die Schusswaffe im Meer.

Das freudige Ereignis ist die Heirat mit der Prinzessin Sofia von Griechenland im Jahr 1962. Bekanntlich entstammen dieser Ehe drei Kinder, zwei Mädchen, Elena und Cristina, und ein Junge, Felipe, der am 30. Januar 1968 geboren wurde. Manche wollen wissen, dass Juan Carlos sich danach einer Vasektomie unterzog (S. 188), was etwa im Zusammenhang mit Vaterschaftsklagen, die es später durchaus gab, relevant sein konnte.

Politisch ist von Interesse, wie Bernecker ausführt, dass Juan Carlos bereits zu Beginn der 1960er Jahre immer wieder seiner Überzeugung Ausdruck verliehen haben soll – selbstverständlich nicht öffentlich –, »dass er keiner franquistischen Monarchie vorstehen wolle, da diese in einem demokratischen West-Europa keine Zukunft habe« (S. 39). In der althergebrachten Formel der bourbonischen Monarchen, König aller Spanier sein zu wollen, die Juan Carlos später gerne verwendete, drückt sich vernehmbar die Ablehnung des Franco-Regimes aus, das auf der Unterscheidung von Siegern und Besiegten im Bürgerkrieg (1936-1939) beruhte und den Alltag der Spanier unter der Diktatur prägte.

Im Juli 1969 ernannte Franco Juan Carlos zu seinem Nachfolger und verlieh ihm den Titel Prinz von Spanien. Nach seinem Tod sollte Juan Carlos als König das Amt des Staatsoberhaupts einnehmen und die Diktatur fortsetzen. Entsprechend musste der Prinz auf die franquistischen Gesetze und die Grundsätze der Nationalen Bewegung schwören. »Für Juan Carlos«, so Bernecker, »müssen die Jahre im ‚Wartestand‘ zwischen 1969 und 1975 ganz besonders schwierig gewesen sein« (S. 64). Diese Einschätzung bezieht sich zum einen auf den innerdynastischen Konflikt, da sein Vater Don Juan bis 1977 nicht auf seine Anrechte als König verzichtete und zum anderen darauf, als Vertreter der Diktatur auftreten zu müssen, die er letztlich überwinden wollte. Dazu mögen Loyalitätskonflikte ihn belastet haben: gegenüber Franco, hohen Militärs und einzelnen Persönlichkeiten des Franquismus, die Juan Carlos während seiner Lehrjahre kennen und schätzen gelernt hatte.

3. Juan Carlos in der Transición

3.1 Der paktierte Wechsel des politischen Systems

Aus den 60er-Jahren stammt in Grundzügen die Strategie, mit der es gelingen sollte, das alte System nach Francos Tod auszuhebeln. Der rechtliche Rahmen der Diktatur bestand aus einem Ensemble an Verfassungsgesetzen, die geändert oder durch zusätzliche Gesetze erweitert werden konnten. Im Rahmen der franquistischen Legalität, so die Grundidee, sollte ein politisches Reformgesetz als Verfassungsgesetz durchgesetzt werden, welches frühere Gesetze überschrieb und außer Kraft setzte und letztlich eine neue, demokratische Legalität ermöglichen würde. Torcuato Fernández-Miranda, einer der entscheidenden Lehrer und Vertrauten von Juan Carlos, wird als der Stratege angesehen, der diesen Reformansatz ersonnen hat, den er selbst auf die Formel brachte: »de la ley a la ley, a través de la ley« (im Sinn wie oben beschrieben: vom Gesetz zum Gesetz durch das Gesetz).

Die Staatskunst würde natürlich darin bestehen, zum einen die Cortes, das franquistische Pseudoparlament, dazu zu bringen, sich selbst abzuschaffen und zum anderen große Teile der anti-franquistischen linken Opposition für dieses Vorgehen zu gewinnen. Das gelang und wurde dann als »paktierter Umbruch« (ruptura pactada) bezeichnet. Relevante Reformkräfte im franquistischen System setzten entschieden auf die Karte der Demokratie, aber sie wollten keinen radikalen Bruch und nicht Verlierer des Wandels werden. Das kommt sehr deutlich auch in einer späteren Äußerung des Königs zum Ausdruck: »Ich wollte auf keinen Fall, dass die Sieger des Bürgerkriegs die Besiegten der Demokratie würden« (S. 174). In der Konsequenz bedeutete das freilich auch das Weiterwirken franquistischer Amtsträger und Strukturen im demokratischen Rahmen.

In der politisch und historisch wichtigen Phase, den Jahren der Transformation des Franco-Regimes in eine parlamentarische Demokratie, sehen wir Juan Carlos als treibende Kraft im Reformprozess im Zusammenspiel mit der Regierung Adolfo Suárez und dem Parlamentspräsidenten Torcuato Fernandez-Miranda sowie den anti-franquistischen Oppositionsparteien. Der Druck der Straße (Demonstrationen, Protestbewegungen, Streiks) wirkte sich zudem positiv auf das Tempo der Veränderungen aus. Der politische Reformprozess insgesamt und die Verfassungsgebung insbesondere mussten aber so behutsam voranschreiten, so die Einschätzung der meisten Reformkräfte, dass die franquistischen Militärs und andere uneinsichtige Anhänger des Franco-Regimes den Reformprozess nicht zunichte machten.

3.2 Der janusköpfige König

Damit das gelingen konnte, war die Figur des, wenn man so will, janusköpfigen Königs entscheidend, der den Militärs Kontinuität und den Reformkräften demokratischen Aufbruch signalisierte. Auf die Persönlichkeit und die Position des Königs kam es entscheidend an. In der Figuration der Transformation fungierte er als Mittler zwischen alter und neuer Legalität. Beides zusammen, Persönlichkeit und Position als Königsfigur, machen ihn aus Sicht des Rezensenten zur historischen Figur. Bei Bernecker macht es den Eindruck, als betone er vor allem die Bedeutung der Persönlichkeit und weniger die der Königsfigur.

Im Reformprozess nach Francos Tod, eine Monarchie als künftige Staatsform zu fordern, entsprach den Interessen der Dynastie und den alt-franquistischen Kräften, die im Erhalt der Monarchie eine Verteidigungslinie sahen, die nicht aufgegeben werden durfte. Von Seiten der anti-franquistischen demokratischen Opposition war die Akzeptanz der Monarchie als Staatsform ein pragmatisches Zugeständnis: Der Reformprozess sollte nicht an dieser Frage scheitern. Anders gewendet: Die Drohung der Militärs im Hintergrund, den Reformprozess gegebenenfalls zu torpedieren, wirkte sich auf die Verfassung aus ‒ zugunsten der Staatsform Monarchie und der dynastischen Interessen der Bourbonen.

Es gibt zwei Ausnahme-Situationen, in denen die ambivalente Figur des Königs und seine Persönlichkeit für den Gang der Demokratisierung entscheidend waren. In beiden Situationen kam es auf den Einfluss des Königs auf die reaktionären Militärs an. Erstens, was oft vergessen wird, darauf weist Bernecker nachdrücklich hin, wurde mit der Legalisierung der kommunistischen Partei Ostern 1977 offenbar eine rote Linie für die reaktionären Militärs überschritten (S. 94). »In jenen Wochen war Juan Carlos rund um die Uhr damit beschäftigt, die Militärs zu beschwichtigen«. Und dadurch hat er sich zweifellos »in jener kritischen Phase der Transition um den Demokratisierungsprozess verdient gemacht« (S. 95).

Eine zweite Ausnahme-Situation, in der die ambivalente Figur des Königs und die Person Juan Carlos für den Gang der Demokratisierung entscheidend waren, wird in Spanien kurz als 23-F angesprochen. 1981 hatte als Krisenjahr begonnen: Wirtschaftskrise, zahlreiche Terroropfer (nicht nur der ETA) sowie eine Regierungskrise, die im Januar zum Rücktritt des Ministerpräsidenten Adolfo Suárez geführt hatte. Am 23. Februar 1981 (23-F) unternahmen in der Krise dann Angehörige der paramilitärischen Polizeitruppe Guardia Civil unter Oberstleutnant Antonio Tejero sowie die Generäle Milans del Bosch und General Alfonso Armada (ein langjähriger Vertrauter des Königs) einen Staatsstreichversuch, der nicht zuletzt durch das entschiedene Auftreten des Königs vor und abseits der Fernsehkamera zu einem Ende kam.

In der Diskussion, was der König selbst mit dem Putsch zu tun hatte und was er von dem Putsch wusste, formuliert Bernecker vorsichtig: der König hat und hätte keiner Initiative zugestimmt, die einen Verfassungsbruch impliziert hätte (S. 127). Nach Auffassung des Rezensenten ließe sich sogar noch stärker akzentuieren, dass der König überhaupt kein Interesse haben konnte, die demokratische Verfassung, der er seine Position und die Institutionalisierung der Monarchie im politischen System verdankte, durch den Rückfall in eine Militärdiktatur oder eine Regierung der Konzentration mit militärischer Führung, aufs Spiel zu setzen. Eine solche Lösung wäre im damaligen Demokratisierungsprozess und internationalem Kontext wohl nur sehr kurzlebig gewesen. Auf die Karte der Demokratie und der Verfassung zu setzen, ohne wenn und aber, lag so gesehen im unmittelbaren Eigeninteresse des Königs, seiner Dynastie und der parlamentarischen Monarchie.

3.3 Zur Legitimationsfrage

In der Verfassung heißt es zur Monarchie: Die Krone Spaniens ist erblich in der Linie der Nachfolger S. M. Don Juan Carlos I von Borbón des legitimen Erben der historischen Dynastie (zit. nach Bernecker S. 81).4 In dem oben bereits angesprochenen Kontext der Drohung der Militärs, blieb den Verfassungsvätern »auch nicht viel anderes übrig als die Monarchie als Staatsform anzuerkennen« (S. 83). 1978 nahm die spanische Bevölkerung mit 88-prozentiger Mehrheit die Verfassung an. Diese Zustimmung »wurde dann jedoch zugleich als Zustimmung zur parlamentarischen Monarchie und als deren demokratische Legitimation gedeutet« (S. 83).5

Die Legitimation der Monarchie im Rahmen der neuen demokratischen Ordnung konnte sich, das analysiert Bernecker sehr genau, weder umstandslos auf die konstitutionelle Monarchie gründen, die mit und wegen Alfonso XIII gescheitert war, und mit der II. Republik (1931-1939) geendet hatte. Sie konnte sich aber auch nicht auf die von Franco ersonnene und damit kontaminierte Königsdiktatur gründen. Bernecker spricht bezogen auf den eingeschlagenen Weg von demokratisch-charismatischer Legitimation, die der Monarch durch seine aktive politische Rolle im Demokratisierungsprozess unter Beweis zu stellen hatte (S. 82). Das Charisma spielte vor allem in Zeiten des Übergangs in der Tat eine entscheidende Rolle, als die Militärs und andere autoritäre, antidemokratische Kräfte beschwichtigt werden mussten, und gleichzeitig der antifranquistischen Opposition die Ernsthaftigkeit des angestrebten Systemwandels überzeugend vermittelt werden musste, um sie für die »ruptura pactada« zu gewinnen.

War die Demokratie einmal gefestigt und die Monarchie in der Verfassung als Staatsform parlamentarische Monarchie und der König als Staatsoberhaupt verankert, reduzierte sich gleichzeitig die Macht des Königs: es blieben ihm im Wesentlichen repräsentative Aufgaben. An die Stelle des Charismas traten damit Vorbildlichkeit, Mustergültigkeit und Nützlichkeit als entscheidende Tugenden. Aus Sicht der Dynastie dürfte der Machtverlust dadurch aufgewogen worden sein, dass Spanien weiterhin eine bourbonische Erb-Monarchie war, die fortan das Staatsoberhaupt stellen würde.

Viele Beobachter betrachten die Phase der Transformation 1982 für abgeschlossen, als die PSOE (Partido Socialista Obrero Español), eine Partei eindeutig nicht-franquistischer Provenienz, in den Wahlen die absolute Mehrheit gewann. Der König konnte sich danach in seiner Rolle als Repräsentant Spaniens und als Motor guter Beziehungen zu der arabischen Welt und Lateinamerika hervortun. Die Auftritte des Königs waren »– vor allem in Iberoamerika und im arabischen Raum – bei der Anbahnung großer Geschäfte ausgesprochen hilfreich. Regionalen Usancen entsprechend flossen dabei auch nicht unerhebliche ‚Vermittlungsgelder‘« (S. 146). Seine Rolle als Wirtschaftsemissär »kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden« (S. 141).

Die Phase in der Juan Carlos I für die Demokratisierung stand und außenpolitisch und außenwirtschaftspolitisch sichtbar die Interessen Spaniens vertrat, dürfte mindestens bis zu den Krisenjahren ab 2008 reichen. Der bekannte britische Historiker Paul Preston (2003) titelte in seiner Biografie, die damals hohen Sympathiewerte des Königs reflektierend »El Rey de un pueblo«, was sich etwa als König eines Volkes, König aller Spanier, als Volkskönig oder als beim Volke beliebter König verstehen lässt.

4. Vom Sympathieverlust in Spanien zum Umzug nach Abu Dhabi

Mit den multiplen Krisen des Landes ab 2008 ändert sich auch der Blick auf den König und sein Verhalten. Die überarbeitete und ergänzte Fassung von Prestons Biografie des Königs (Preston 2023) behält zwar noch denselben Titel »El Rey de un pueblo«, endet aber mit dem trockenen Fazit angesichts der verlorenen Faszinationskraft des Königs: »es poco probable que se le vuelva a llamar ‚El Rey de un pueblo‘« Sinngemäß übersetzt heißt das: Es ist nicht gerade wahrscheinlich, dass man ihn jemals wieder
»Volkskönig« nennen wird (Preston 2023, S. 714).6

In der Biografie Berneckers wird das ganze Ausmaß an (mutmaßlicher) Korruption, Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Amtsmissbrauch und außerehelichen Beziehungen ausführlich dargestellt. In der Summe führen die Faken und Vorwürfe im Juni 2014 zur Abdankung des Königs, im Mai 2019 zum Rückzug aus allen Ämtern und Pflichten und im August 2020 zum Umzug nach Abu Dhabi, »um – wie es in einem später veröffentlichten Brief hieß – die Arbeit Felipes vor dem Hintergrund der Vorwürfe zu ‚erleichtern‘« (S. 226).

Hier sollen nur wenige, aber signifikante Beispiele aus einer Fülle von problematisch bis kriminell zu nennenden Handlungen hervorgehoben werden. Bereits in der Phase der Transición, 1981, werden dem König vom saudischen Königshaus eine Million Dollar bereitgestellt, die angeblich zur finanziellen Absicherung von Adolfo Suárez nach dessen Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten bestimmt waren. Zugleich sollte die Summe ihn von weiteren politischen Aktivitäten abhalten. (S. 192). Hier kommen die Einmischung eines ausländischen Staates in die inneren Angelegenheiten Spaniens und zumindest der Versuch der Bestechung eines Politikers zusammen. Übrigens fielen andere Zuwendungen zu anderen Zwecken aus arabischen Staaten noch weit höher aus.

Anders gelagert ist der vom spanischen Staat finanzierte Umbau des Anwesens La Angorrilla, wo Juan Carlos mit Corinna Larsen »jahrelang ein familienähnliches Zusammenleben zelebrierte« (S. 188f.) – keine 20 km vom Königspalast entfernt. Es wundert da nicht, dass die Königin Sofia über ihren Mann einmal sagte »Er wird sterben ohne zu wissen, was Schamgefühl ist« (S. 166).

In der Affäre des Königs mit der Sängerin und Schauspielerin Bárbara Rey, die den Monarchen erpresst haben soll, war es erneut die Staatskasse, aus der über mehrere Jahre Schweigegeld von insgesamt mehr als drei Millionen Euro gezahlt wurde (S. 190). Das private Vermögen, das der König über die Jahre angehäuft hatte und sich laut New York Times (2012) auf ca. 1,8 Mrd. US-Dollar belief, brauchte nicht einmal für diese Ausgaben angetastet zu werden (S. 194).

Der Staat zahlte nicht nur, er schützte den König auch vor gerichtlichen Prozessen. Das ist abzulesen an einem unscheinbaren Gesetz von 2014, das einen Tag nach der Abdankung des Königs in Kraft trat und die in der Verfassung enthaltene Immunität des Königs nun in einem weiten Verständnis ausdeutet: alle Handlungen des Königs während seiner Amtszeit als Staatsoberhaupt, unabhängig von ihrer Art, wurden in die Straffreiheit einbezogen und waren damit rechtlich nicht einzuklagen (Ley Orgánica 4/2014, 11. Juli 2014).7

Wie konnte es soweit kommen? Ein Erklärungsstrang bringt etwa falsche Freunde, zu enge Kontakte mit korrupten Wirtschaftseliten und die Selbstwahrnehmung des Königs ins Spiel, der seine erste Lebenshälfte als Aufopferung für die Monarchie verstanden zu haben scheint. Sogar ein auf seine Kindheit zurückgehendes »tiefgreifendes Armutstrauma« (S. 243) wird für sein Fehlverhalten mit verantwortlich gemacht.

Der andere Erklärungsstrang setzt beim Fehlen funktionierender Kontrollmechanismen an. Es gab keine innerfamiliären Kontrollmechanismen. Die Massenmedien machten das Fehlverhalten des Königs nicht publik, selbst wenn sie davon wussten (»ungeschriebener Verschwiegenheitspakt«) (S. 245f.). Sie erlagen, wie auch die Regierungschefs, so Bernecker, »dem sprichwörtlichen Charme des Monarchen – einem Charme, der ihm schließlich zum Verhängnis wurde, da er zu gesellschaftlicher Kritiklosigkeit führte, die wiederum den König seine Vorbildfunktion in einer parlamentarischen Monarchie einbüßen ließ« (S. 246).

Anders gelesen wurde der König vielleicht nicht Opfer seines Charmes, sondern seines undemokratischen Kerns. Delikte wie Steuerhinterziehung, Steuerflucht in Steueroasen, Geldwäsche, Schmiergelder, Schweigegelder aus der Staatskasse sind anti-demokratisch und stehen in direktem Widerspruch zu Gesetzestreue und Vorbildlichkeit, die ein Bürger von seinem Staatsoberhaupt erwarten darf.

Für ein Staatsoberhaupt, dem so viel daran lag, positiv in die Geschichtsbücher einzugehen (S. 192) und das nicht müde wurde, die Tugenden der Demokratie und die Verantwortung der Amts- und Würdenträger jahrein, jahraus zu predigen, und sich dennoch über die Gesetze des demokratischen Gemeinwesens stellte, ist die Diskrepanz von Anspruch und Wirklichkeit frappierend.

Sein Fehlverhalten mag durch allerlei Entschuldigungsversuche relativiert werden, lässt aber den Schluss zu, dass der König trotz aller Verdienste in der Transición von seiner Persönlichkeit her kein »lupenreiner Demokrat« ist. Eher sehen wir mit der Lupe Muster des alten Bourbonen Alfonso XIII, der »sich immer wilderen Frauenabenteuern und korrupten Geldgeschäften« hingab (S. 17).

5 Schluss

Das Verhalten des Königs auch aus einer Innensicht zu verstehen, war Bernecker wichtig: »Direkte Zitate des Königs oder von Personen aus seiner näheren Umgebung« sollten helfen, diese Sicht zu vermitteln. Ohne Frage machen die entsprechenden Passagen den Text lebendiger und atmosphärisch dichter. Das eklatante Fehlverhalten des Monarchen wird dadurch freilich nicht entschuldigt, aber das Urteil über den König wird durch die gegebenen Erklärungen abgemildert.

Eine politische Biografie sollte vielleicht noch stärker herausarbeiten, dass menschliches Fehlverhalten eine Sache ist und politische Verantwortung eine andere. Zu kurz kommt in der vorliegenden Biografie das demokratische Defizit der Person, das die Missachtung der politischen Verantwortung begünstigt. Nach der Einrichtung der parlamentarischen Monarchie in der Verfassung von 1978 sind es die demokratischen Tugenden eines hauptsächlich repräsentativ agierenden Staatsoberhaupts, die zählen. Genau diesen Tugenden, die man auf den Nenner strikter Gesetzestreue bringen kann, handelt der König zuwider.

Während Bernecker sein Buch mit der Annahme schließt, »dass letztlich das Bild des ausgleichenden und beliebten Königs obsiegen wird, der mit Geschick und Weitsicht einen wichtigen Beitrag zur Wiederherstellung der Demokratie in Spanien geleistet hat« (S. 248), würde der Rezensent eher annehmen, dass er auf Dauer von den Historikern als höchst ambivalente historische Figur wahrgenommen werden wird.

Position und Persönlichkeit erlaubten ihm im Übergang, als Mittler zwischen Franquisten, insbesondere den reaktionären Militärs, und den demokratischen Kräften zu fungieren. Der Druck und die Drohungen der reaktionären franquistischen Kreise bilden den Kontext, in dem die Monarchie in die Verfassung gelangen konnte. Der Einsatz des Königs für die demokratische Staatsform entsprach gleichzeitig dem Eigeninteresse der Bourbonen-Dynastie, im künftigen politischen System eine Rolle zu spielen. Nach Erreichen dieses Ziels scheint dem Staatsoberhaupt zunehmend weniger an den demokratischen Werten gelegen zu haben, die er vorbildhaft hätte leben sollen. Seine persönlichen Interessen wurden ihm wichtiger als die Demokratie und die Sorgen der Spanier. Nach seinem verdienstvollen persönlichen und politischen Engagement bei der Demontage des Franquismus, setzte mit Verzögerung in den Nullerjahren eine Entzauberung des vormals beliebten Königs ein, dem seine nicht mehr aufzuhaltende Demontage folgte.8

Anmerkungen

  1. Zahlreiche Buchpublikationen von Walther L. Bernecker lassen sich im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek finden. Die genannten Titel sind: Die soziale Revolution im spanischen Bürgerkrieg. Vögel: München 1977; ISBN: 978-3-920896-43-4 sowie Geschichte und Erinnerungskultur. Spaniens anhaltender Deutungskampf um Vergangenheit und Gegenwart. Verlag Graswurzelrevolution: Nettersheim 2023; ‎ ISBN: 3939045519. ↩︎
  2. Damit beschäftigt sich nebenbei bemerkt auch eine sehenswerte Dokumentation für den NDR von Anne von Petersdorff und Georg Tschurtschenthaler (Regie): Juan Carlos – Liebe, Geld, Verrat. Deutschland 2023 (180 Minuten). Englischer Titel: JUAN CARLOS – DOWNFALL OF THE KING. Autoren: Christian Beetz, Pedro Barbadillo, Anne von Petersdorff. Produktion: gebrueder beetz filmproduktion. Vertrieb: NBCUniversal Global Distribution. Die Dokumentation war bis vor Kurzem abrufbar in der ARD-Mediathek; derzeit wird sie zum Beispiel noch von Sky angeboten [zuletzt überprüft am 25.01.2025]. ↩︎
  3. Die seit 1938 erlassenen franquistischen Verfassungsgesetze gibt es in deutscher Übersetzung auch online [zuletzt überprüft am 25.01.2025]. ↩︎
  4. Die Verfassung des Königreichs Spanien vom 29. Dezember 1978 gibt es in deutscher Übersetzung auch online [zuletzt überprüft am 25.01.2025]. Zur Diskussion der Verfassung siehe statt anderer Aschmann, Birgit; Waldhoff, Christian (Hrsg.): Die Spanische Verfassung von 1978: Entstehung, Praxis, Krise? (Spanische Forschungen der Görresgesellschaft Bd. 44). Aschendorff Verlag: Münster: 2020, ISBN: 978-3-402-14872-3 sowie Hermann-Josef Blanke, Siegfried Magiera, Johann-Christian Pielow, Albrecht Weber (Hrsg.): Verfassungsentwicklungen im Vergleich. Italien 1947 – Deutschland 1949 – Spanien 1978. Schriften zum Europäischen Recht (EUR), Band 200, Duncker & Humblot: Berlin 2021, ISBN 978-3-428-15929-1. ↩︎
  5. Dass kein Referendum über die Staatsformfrage stattfand, dessen Ausgang unsicher gewesen wäre und womöglich eine in dieser Frage gespaltene Gesellschaft offenbart hätte, wurde so umgangen. Der Verzicht auf ein Referendum dürfte der Stabilität der Institution Monarchie genutzt haben. Einmal in der Verfassung festgeschrieben, müsste schon Außergewöhnliches passieren, sollte sich an der Staatsform etwas ändern. Das liegt auch an den hohen Hürden für eine Verfassungsänderung der entsprechenden Artikel. Eine Änderung verlangte erstens, dass beide Kammern der Änderung mit 2/3-Mehrheit zustimmen würden, woraufhin zweitens das Parlament aufzulösen wäre und Neuwahlen stattfänden, nach denen dann drittens die beiden neu zusammen­gesetzten Kammern wiederum mit einer 2/3 Mehrheit der anhängigen Verfassungsänderung zustimmen müssten, bevor dann viertens der Änderungsvorschlag in einem Referendum eine Mehrheit finden müsste. Der Fall, dass der König abdanken würde, um Schaden von der Institution Monarchie/Staatsoberhaupt abzuwenden, war in der Verfassung nicht vorgesehen. Diese Lücke zu schließen verlangte aber keine Verfassungsänderung. Sie wurde durch ein entsprechendes Gesetz zur Abdankung (Ley Orgánica 3/2014, 18. Juni 2014) geschlossen, dem die Inthronisierung des neuen Königs folgte. Am 19. Juni 2014 dankt Juan Carlos I ab und sein Sohn wird als König Felipe VI vereidigt. Dieser ist bestrebt, sich als mustergültiges Staatsoberhaupt zu verhalten. ↩︎
  6. Die vollständigen bibliografischen Angaben lauten: Paul Preston: Juan Carlos. El rey de un pueblo. Plaza & Janes: Barcelona 2003; ISBN: 9788401378249 und Paul Preston: Juan Carlos. El rey de un pueblo. Tercera edición actualizada (abril 2023). Penguin Random House: Barcelona 2023; ISBN: 978-84-19399-55-7. ↩︎
  7. Eher kurios wirkt dem gegenüber die kolportierte Fürsorge des spanischen Geheimdienstes, der »dem König weibliche Hormone und Testosteronhemmer verabreicht haben soll, um seine Libido zu zügeln und seine Sexualität unter Kontrolle zu bekommen« (S. 191). ↩︎
  8. Sebastian Schoepp spielt in seiner Besprechung von Berneckers Buch in der Süddeutschen Zeitung vom 18. November 2024 mit dem Begriffsduo »Held der Demontage« und »Held der Selbstdemontage«. Held der Demontage, angelehnt an Überlegungen von Hans Magnus Enzensberger, war der König bezogen auf das franquistische System, das er an entscheidender Stelle zu demontieren half. »Held der Selbstdemontage«, so der bitter-ironische Titel der Rezension, wurde er dann später in eigener Verantwortung. Der eigentliche (tragische) Held der Demontage des Franquismus war für Enzensberger Adolfo Suárez. »Es ist das typische Los des historischen Abbruchunternehmers, dass er mit seiner Arbeit immer auch die eigene Position unterminiert«. Ganz anders erging es Juan Carlos I, den sein Beitrag zur Demontage des Franquismus zum beliebten König werden ließ. Seine Selbstdemontage begann damit, dass seine persönlichen Interessen grundlegende Anforderungen an ein demokratisches Staatsoberhaupt missachteten. Darauf folgte die tatsächliche Demontage, obgleich mit einiger zeitlicher Verzögerung. Die Europeana bietet den Artikel von Hans Magnus Enzensberger: Die Helden des Rückzugs (Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9.12.1989) dankenswerterweise als elektronisches Faksimile [zuletzt überprüft am 25.01.2025]. ↩︎

Walther L. Bernecker: Juan Carlos I., König von Spanien. Ein biographisches
Porträt. edition tranvía – Verlag Walter Frey: Berlin 2024; ISBN: 978-3-946327-42-4



Harald Bodenschatz y Max Welch Guerra (eds.): Städtebau als Kreuzzug Francos | El urbanismo como cruzada de Franco

Acerca de un pilar del franquismo: el urbanismo en España, instrumento deliberadamente orquestado de dominación política

Reseña de Knud Böhle (Spanienecho de 25.06.2021), traducción de Pascual Riesco Chueca (Spanienecho de 11.04.2022)

1. Introducción

Uwe Altrock (Universidad de Kassel), Harald Bodenschatz (TU Berlin y Bauhaus-Universität Wei­mar), Jean-François Lejeune (Universidad de Miami), Piero Sassi (coordinador; Bauhaus-Universi­tät Weimar) y Max Welch Guerra (Bauhaus-Universität Weimar) son los autores de un volumen de gran formato (30 cm x 24 cm), complementado con 570 figuras, en que se contempla el urbanismo de los primeros veinte años de la dictadura de Franco (1938–1959).

Los prestigiosos autores abarcan conjuntamente un amplio espectro de especialidades, entre las cuales destacan arquitectura, historia de la arquitectura, ordenación urbana y del territorio, así como ciencia política, planificación y sociología de la arquitectura. El presente estudio suma su aportación a la investigación sobre el urbanismo de las dictaduras europeas. En años recientes, han aparecido trabajos en la misma línea, aplicados a Alemania, Unión Soviética, Italia y Portugal.

El volumen, que combina texto e imágenes, resulta imponente por la mera abundancia de su material gráfico, de expresivas leyendas. Para su compilación, se acudió a numerosas fuentes, entre ellas las colecciones de los autores. Además de fotos de solares, edificios, ciudades y estatuas, se incluyen vistas panorámicas, planos, esbozos, folletos, carteles, fotogramas de películas y otros materiales. Pero las pretensiones de la obra superan con creces, como es evidente, los límites de un simple libro de ilustraciones.

2. Ambiciones del estudio

Dos postulados ocupan un lugar central para la especificación y alcance del presente estudio. La primera hipótesis sostiene que los protagonistas de la dictadura franquista vieron desde el primer momento que el urbanismo era «un medio efectivo de dominación» (pp. 27, 342), que supieron explotar «con objetivos políticos» (p. 29). La segunda hipótesis defiende que durante los primeros veinte años de la dictadura existió «una política propia y diferenciada de urbanismo» (p. 31), mientras que, a partir de 1960, el régimen se adaptó a las directrices del «movimiento moderno de posguerra en Europa Occidental» (p. 344). Esta doble teorización faculta a los autores para desvelar las formas y funciones del urbanismo en su relación cambiante con la configuración política, ideológica y social de esta fase del franquismo.

La presente reseña se centrará principalmente en la primera hipótesis. En cuanto a la segunda, no podrá abordarse aquí su evaluación crítica, que exigiría una comprensión especializada de las scientific communities dedicadas al urbanismo. Existe material gráfico adicional en las páginas de internet de la editorial, que permite a la vez adquirir una impresión general sobre la configuración del libro.

Es importante para situar y encuadrar la presente publicación señalar que fue concebida «teniendo en mente el público germanoparlante». Ello implica, entre otras cosas, que en varios pasajes se tienden puentes al urbanismo alemán, tales como la referencia al influjo de destacados arquitectos alemanes, por ejemplo, Hermann Jansen, Paul Bonatz y Otto Bartning. Hay que tener presente como trasfondo general un «un activo intercambio hispanoalemán iniciado hace años entre profesionales del gremio» (p. 79).

Por otra parte, los autores optan por un acercamiento temático que se aparta del habitual en España, al que se describe como «centrado en los arquitectos» (p. 37). En contraste con ello, se insiste aquí en lo urbanístico, que es encuadrado en el marco de la ordenación urbana que se hacía en Europa en las dictaduras europeas que habían conquistado el poder al comienzo del franquismo.

3. Estructuración del estudio

El volumen está cuidadosamente compuesto y didácticamente organizado. Como obertura inicial, se dispone una serie de veinte páginas con fotografías, en las que se despliegan a modo de ejemplo los fenómenos principales del urbanismo, que serán tratados luego. Al final del libro se ofrece también un tramo ilustrado, que se dedica principalmente a recordar la historia y a describir la política contemporánea de relación con el legado construido. El capítulo que se añade al primer cuerpo de fotos tiene carácter introductorio: resume la dictadura franquista, y revisa el estado de la investigación y las premisas del libro.

El capítulo siguiente puede entenderse como una introducción avanzada, con elementos auxiliares para un público alemán. Mediante la comparación de dos grandes exposiciones celebradas en Madrid en 1942 ―«Arquitectura Moderna Alemana», «Trabajos de la Dirección General de Arquitectura»―, se muestran las respectivas orientaciones de la propaganda urbanística y otros objetivos asignados al urbanismo. A la Alemania nazi no le ha llegado aún la derrota de Estalingrado ni la destrucción de sus ciudades; mientras que, en España, ya se trata de reconstruir los paisajes urbanos devastados por la guerra, ampliar la oferta de viviendas y ―objetivo sin duda no secundario― glorificar mediante obras la victoria.

Los capítulos subsiguientes amplian y detallan el material: los temas abordados, por su variedad, podrían sorprender si nos atenemos rutinariamente a las palabras claves franquismo-urbanismo. Se investigan en efecto ocho campos de acción urbanística, que mencionaremos en esquema: (1) la reconstrucción de lugares devastados por la guerra; (2) la renovación y ampliación del centro de Madrid y la reconfiguración de su región metropolitana; (3) la reurbanización de la ciudad vieja y la construcción de la ciudad industrial en Barcelona y su área; (4) las «Universidades laborales: ciudades universitarias de nuevo cuño»; (5) la renovación de los cascos antiguos; (6) la colonización del interior: pueblos de nueva planta, infraestructura hidráulica; (7) el urbanismo de las colonias españolas en el África noroccidental; (8) el Valle de los Caídos, «pieza clave del urbanismo franquista» (pp. 322 ss.).

Sobre las universidades laborales cabe indicar que no se trataba de universidades ni de escuelas profesionales en el sentido habitual en Alemania, sino de «instituciones totales», como diría el sociólogo Erving Goffman. En ellas se conjugaba el internado, el adoctrinamiento ideológico por la Falange y la Iglesia, con el bachillerato y la formación profesional, para la instrucción de gente fiel al régimen. Inicialmente, algunas instalaciones, aspirando a la autarquía, incluían medios para la producción agrícola.

En la mayoría de los capítulos se perfilan los rasgos característicos del urbanismo acudiendo a ejemplos destacados, que se eligen con vistas a exhibir la diversidad constructiva en juego. Así, en lo tocante a reconstrucciones, se investiga con cuidado el caso de las ciudades de Brunete, Guernica y Belchite, destruidas durante la guerra. En cuanto a las universidades laborales, de los 21 ejemplos disponibles del tipo, son dos, las de Gijón y Córdoba, los que serán objeto de una atención más detallada, sin excluir el resto. En el capítulo de la renovación de cascos viejos se recogen los ejemplos de Zaragoza, Salamanca, Santander, Santillana del Mar y Granada.

El capítulo final reúne en unas pocas páginas (pp. 340-351) las enseñanzas principales derivadas de los capítulos anteriores, más bien descriptivos; este contenido queda integrado en una panorámica de conjunto sobre las formas y funciones del urbanismo en el primer franquismo (1939-1959). Los ocho anejos consiguen aligerar el texto principal y adecuarlo para una lectura más relajada. Se ofrecen datos biográfios sobre los expertos en el urbanismo de este periodo citados en el texto; se presentan los decretos, reglamentos y leyes de ordenación urbanística; se relacionan los archivos y colecciones de los que procede el material gráfico; como cabe esperar, hay una bibliografía y un registro onomástico. En el último anejo se ofrecen semblanzas de los redactores del estudio. Puede consultarse un detallado índice de contenidos del libro en la página de la Biblioteca Nacional Alemana.

4. Destinatarios del estudio

En esquema cabe discernir cuatro grupos destinatarios o campos de interés a los que el libro interesará. Por un lado, arquitectos, historiadores de la arquitectura, planificadores urbanos, expertos en ordenación territorial: a todos ellos les despertará interés este pasaje, poco atendido en muchas de sus facetas, de la historia del urbanismo europeo. Particularmente, los capítulos sobre la reconstrucción de posguerra, las universidades laborales, la colonización del interior, y el urbanismo de los territorios de colonias en África noroccidental dirigen la atención a campos temáticos que la investigación ha venido desatendiendo hasta ahora.

El libro es también de sumo interés para especialistas en historia contemporánea y otros científicos sociales que analizan el franquismo en tanto que sistema de dominación. El tema del urbanismo en su uso como mecanismo de poder abre puertas a una dimensión generalmente poco abordada. Por otro lado, el libro ofrece ingredientes para una discusión tan actual como la de la memoria histórica en España. Se trata de plantear en su conjunto el debate sobre qué hacer con el legado constructivo de la dictadura (con opciones tan diversas como la demolición, la transformación, la reconstrucción, el olvido, la represión, la reinterpretación o la glorificación, cf. p. 38): un debate que alcanza al completo legado de Franco y no solo al conocido y polémico Valle de los Caídos.

Por último, el libro ofrece materiales inesperados a potenciales turistas por los campos y ciudades españolas interesados por el urbanismo. Pocos sabrán que el célebre Barrio Gótico de Barcelona, tal como se ofrece hoy día al visitante, fue configurado esencialmente durante la primera mitad de la dictarura; o que el arquitecto Otto Bartning, conocido por sus vínculos con la Werkbund y la Bauhaus alemanas, construyó en Barcelona una iglesia para la comunidad evangélica alemana, de simpatías pronazis; o que el complejo eclesiástico erigido en Zaragoza en 1945 San Antonio de Padua, con iglesia, convento y torre-mausoleo esconde una historia singular. En la torre descansan los restos mortales de unos 3.000 italianos que lucharon contra la República durante la guerra civil; pero, por añadidura, la torre fue y sigue siendo un frecuentado lugar de bodas italianas (cf. p. 353). Asimismo, el detallado capítulo sobre la historia urbana de Madrid y Zaragoza, o el recorrido por los nuevos pueblos de colonización, podrían inspirar a ciertos turistas con curiosidad por estos aspectos. Por supuesto, constituyen un nítido estímulo para la visita al lugar las informaciones sobre la reconstrucción de Guernica / Gernika, así como la infausta historia previa, incluida la destrucción de la ciudad ―con significativa participación alemana a manos de la Legión Cóndor―, y la secuela de monumentos conmemorativos por el lado español y alemán.

5. Rasgos del primer franquismo (1938-1959)

Para adentrarse en el urbanismo del franquismo primero (1938-1959), conviene conocer algunas características de la dictadura. Este fondo informativo es presentado por los autores, de forma concisa, en la introducción. Se expondrán aquí algunos rasgos de esta etapa, siguiendo en lo esencial el esquema de los autores.

No cabe duda de que la dictadura se apoyó en el poder del ejército, la iglesia, los monárquicos y la Falange, contando con la benevolencia de los terratenientes y la oligarquía industrial y financiera (p. 31). La dictadura pretendía ser algo más que una restauración. Desde finales del siglo xix la necesaria reforma de España era enfocada, específicamente en lo económico, bajo el prisma del regeneracionismo. Tal conciencia del problema fue compartida por el franquismo y todos los régimenes anteriores del siglo xx. En el franquismo inicial fue la Falange, cuyo inspirador principal era el fascismo italiano, la que imprimió un sello más marcado sobre la política de desarrollo.

La dictadura, surgida del golpe militar y la guerra civil, impuso una despiadada distinción entre vencedores y vencidos hasta finales de los años 50, perpetuando sus campos. No solo estaban los derrotados y estigmatizados perdedores republicanos, por un lado, y los condecorados vencedores, por el otro, incluyendo un séquito de actores convencidos y ventajistas directos. Había también muchas personas que, en un clima de carencias materiales y represión, procuraban asegurarse el pan de cada día o mejorar su situación. De ahí que no escasearan quienes se veían obligados a aceptar las ofertas de integración social provenientes del lado vencedor. Es el caso de no pocos arquitectos. Pero el vasallaje y lealtad exigidos por el régimen no eran necesariamente incompatibles con cierto rechazo hacia la dictadura. Como se indica en otra reseña de Spanienecho, «había mucho antifranquismo dentro del franquismo», fórmula que también cabe aplicar a algunos arquitectos (véase a propósito de ello la referencia en este estudio a las distancias que el colegio de arquitectos de Catalonia mantuvo con respecto a la dictadura de Franco, en p. 192).

En el plano ideológico dominaron durante esta etapa, hasta 1959, el nacionalsindicalismo y el nacionalcatolicismo. Sin entrar en detalles, ambas corrientes compartían un enfático nacionalismo, un pensamiento ordenancista, antiparlamentario, jerárquico y estamental, una exaltación del esplendor histórico pasado y del ámbito rural (por oposición a la ciudad). Compartían asimismo la radicalidad maniquea de sus modos de pensar y obrar, tanto durante la guerra como en las dos décadas subsiguientes.

El discurso nacionalsindicalista esta intensamente impregnado de ideas fascistas. Ello conllevaba cierto reconocimiento de la cuestión social, los intereses de los trabajadores (leales) y la necesidad de una intervención económica del estado, con predilección por los grandes proyectos, en los que se aunaba una explotación premoderna de la masa trabajadora con un afán de reforma infraestructural. Por su lado, el nacionalcatolicismo era un fundamentalismo orientado al pasado, cuya voluntad era revertir la separación entre iglesia y estado, estableciendo un estado confesional, cosa que el primer franquismo logró de hecho conseguir.

En la esfera lingüística tuvo especial vigencia un surtido metafórico de carácter católico y reaccionario: la guerra civil se convirtió en cruzada, el dictador fue investido de gracia divina, y a los adversarios se les satanizó con baldones como anticristo, antipatria y antiespaña. En esta construcción ideológica de la historia, por poner un ejemplo relevante para el urbanismo, la explotación mediante trabajos forzados se mutó en «redención de penas por el trabajo». La corporación que gobernaba el trabajo forzado, que se encontraba integrada en el Ministerio de Justicia, recibía el pomposo nombre (desde 1942, cf. p. 327) de Patronato Cen­tral de Nuestra Señora de la Merced para la Redención de las Pen­as por el Trabajo. Después de 1945, al terminar la guerra mundial e iniciarse la Guerra Fría, dejaron de ser presentables ―sobre todo en la esfera internacional― los nacionalsocialistas y su ideología, pero conservaron en el interior, durante largos años, un considerable influjo sobre la política salarial, así como la de desarrollo y poblamiento.

6. Problemas urbanísticos y soluciones ideológicamente saturadas

Afrontaba el urbanismo de esta época, amén de imposiciones ideológicas, también una serie de contundentes problemas, documentados con cifras por los autores.

La reconstrucción de ciudades destruidas se extendía a unos doscientos lugares (pp. 72, 348). Al final de la guerra civil, al menos 192 localidades estaban destruidas en más de un 60 % (p. 48). La obra hidráulica para regulación de caudales fluviales en aras a la agricultura, se percibía como una prioridad. La colonización del territorio, con mejoras infraestructurales, orientadas en particular a la agricultura de regadío, era la respuesta. El programa de colonización rural llevó a establecer unas doscientas aldeas de nueva planta hasta 1959; tras 1960, les siguieron otras 95 (pp. 296, 302). Si el regadío y la producción eléctrica se entienden como evidentes resultados de la mejora infraestructural, puede servir de indicador útil el número de presas construidas. En 1939 había 180 embalses; en los años 1943-1954 se añadieron cien nuevos embalses; y en los siguientes años 1955-1970, otros 276 (pp. 255 ss.).

Otro problema colosal era la escasez de vivienda en las grandes ciudades, evidenciado por los abundantes asentamientos chabolistas. Tan solo en Madrid, había al comienzo de los años 50 treinta barrios de chabolas, donde vivían unas 400.000 personas (p. 153). El problema fue resuelto de forma insatisfactoria: en vez de atajarlo de forma global, se impulsó la construcción de viviendas y pueblos para círculos que se aspiraba a vincular al régimen. La construcción de viviendas y asentamientos rurales se aplicó como instrumento de dominio, para recompensar a los seguidores del dictador, premiando su lealtad hacia el régimen con ventajas en la adquisición de viviendas o tierras.

Otra misión del urbanismo era la constitución de una «infraestructura de la opresión», en lo cual los autores se refieren expresamente a Madrid (pp. 166 ss.) y Barcelona (pp. 204 ss.). Se trata de prisiones, campos de concentración, sitios para ejecuciones. Se usaron cárceles preexistentes, se erigieron prisiones del tipo más moderno, se reutilizaron otros edificios disponibles para fines represores, se abusó de los cementerios como lugar de ajusticiamiento.

Es una función del urbanismo, presumiblemente en todas las dictaduras, la creación de lugares de memoria. Entre los lugares más conocidos de la España franquista destacan el Valle de los Caídos al noroeste de Madrid, el Arco de la Victoria en la capital y el Alcázar de Toledo, reconstruido. Pero también el modo en que las ciudades destruidas durante la guerra fueron reconstruidas y exhibidas desempeñaba, junto con la propia reconstrucción, un papel propagandístico. Los autores detallan este punto a la luz de tres legendarios escenarios de batalla de la guerra civil (Brunete, Belchite y Guernica).

Tales reconstrucciones tenían abundante carga ideológica, reflejando una visión del mundo dirigida al pasado. Evocaciones de la grandeza de un pasado imperial; predilección por el marco rural; centralismo madrileño; lugares de memoria agrupados en torno a la capital (p. 161); preferencia por la Plaza Mayor, ámbito en que organizaciones estatales como la Falange y sus sindicatos, la policía, el ayuntamiento y la iglesia ocupaban un lugar de preferencia. Ha de advertirse que apenas hubo un proyecto urbanístico en el franquismo que no tuviera su iglesia, con independencia de que se tratase de universidades laborales, barrios de vivienda o pueblos de colonización. La política social, orientada al pasado, inspiró también una «renovación conservacionista de los cascos antiguos» (p. 345) en pequeñas y medianas ciudades.

Existía incluso un estilo preferido por la Falange, el escurialismo, tendencia evocadora de la arquitectura del Escorial, con un severo aire neoclásico (p. 212). La universidad laboral de Gijón es uno de los ejemplos más conocidos de ello. Pero el escurialismo era solo una de las variantes dentro de un abanico de estilos constructivos disponibles. Cabe añadir que el régimen aspiraba a lucir su propia versión del movimiento moderno, como se desprende de la edificación de rascacielos en Madrid, el urbanismo industrial barcelonés o la creación de aeropuertos modernos y enormes estadios de fútbol.

7. Límites del influjo de la Falange sobre el urbanismo

A propósito de la diversidad de estilos arquitectónicos viene una tesis de los autores, de extraordinario interés, acerca del papel de arquitectos y urbanistas durante el franquismo. Entre los arquitectos del régimen había decididos seguidores de Franco, junto a otros que se agarraban a la oportunidad de ejercer su profesión: «el franquismo consiguió movilizar a su favor, tempranamente y de forma visible, el quehacer técnico y la creatividad configuradora de los arquitectos españoles» (p. 344). Ello permitió a una administración dominada por falangistas «compensar la falta de competencia técnica de sus cuadros» (p. 345). De resultas de ello, se produjo una multiplicidad de lenguajes formales y estilos, acompañada de una elevada calidad técnina, lo que se aprecia de forma palmaria en las universidades laborales y pueblos de colonización. A través de los arquitectos se estableció de paso una continuidad con planes y proyectos preexistentes, que no eran franquistas en origen, sino que ―como es el caso de los planes de Madrid y Barcelona―, contaban con una larga historia anterior. Otra causa de la diversidad urbanística reside en el hecho de que estos urbanistas conocían el debate internacional y, al mismo tiempo, se dejaban inspirar por las producciones de otras dictaduras. En su conjunto, los autores ven en el urbanismo de esta época, «tanto en la ciudad como en el campo, una variante tradicional del movimiento moderno, que también caracterizó a la Italia fascista o a la Unión Soviética de Stalin» (p. 346).

Como muestra el análisis de los autores, la dominación franquista se caracteriza también por el hecho de que incluso en casos en que los falangistas querían plasmar urbanísticamente sus aspiraciones sociales, el resultado final era el reparto con ventajas entre los ya acomodados. Un primer ejemplo: existía una normativa estatal de construcción de viviendas de alquiler para las clases medias, de la que también las empresas privadas, con estímulos fiscales, se aprovechaban (p. 145). El régimen abordó el alza de los alquileres imponiendo topes, y más tarde prohibiendo nuevas subidas. Como consecuencia, la construcción de casas de alquiler dejó de ser atractiva para las empresas privadas, lo que llevó a que estas viviendas fueran retiradas del mercado de alquiler y se vendieron a clientes acomodados. Un segundo ejemplo: entre 1939 y 1975 se pusieron en riego 1.635.000 hectáreas de tierra por iniciativa y financiación estatal. Los pobladores de las aldeas de colonización se repartieron tan solo 149.358 hectáreas (p. 249). «Los principales beneficiarios no fueron los colonos, sino los terratenientes, cuyas fincas registraron una colosal revalorización» (íbid), estimable en 1.200 hasta 2.000 % con respecto a los valores de la preguerra.

8. Tres observaciones críticas y un deseo

Presuponen los autores un «cuerpo crítico de lectores» (p. 39). Mencionemos aquí cuatro aspectos, que más que ofrecer crítica de fondo, pretenden matizar y solicitar alguna aclaración. Las tres observaciones intentan sondear algunas enjundiosas afirmaciones de los autores. En primer lugar, el título principal del libro, «el urbanismo como cruzada de Franco»; seguidamente, el título del capítulo final de síntesis, «el urbanismo bajo Franco. La continuación de la guerra civil española por otras vías». Por último, se discute otra afirmación central: «el urbanismo […] permite clasificar al régimen como una dictadura abiertamente represiva y desarrollista, de economía estatal» (p. 341). El deseo se orienta a la ampliación de una sección, la de «Infraestructura de la opresión». El lector que no tenga especial interés en minuciosas controversias sobre palabras y conceptos, puede saltarse esta parte de la reseña y acudir directamente a las conclusiones.

(1) El título principal del libro, «el urbanismo como cruzada de Franco», es desconcertante, pues los autores no explican de qué modo ha de entenderse. Para un lector alemán, la referencia inmediata sería a las cruzadas medievales. En el contexto de la dictadura franquista, el concepto de cruzada tiene una inequívoca procedencia, el nacionalcatolicismo; se usó para santificar la pugna de los rebeldes contra la Segunda República y la victoria en la guerra civil. Cruzada, en este contexto ideológico, es sinónimo de guerra civil. Tras la cruzada da comienzo una nueva etapa, que ni los mismos protagonistas y propagandistas de la dictadura siguieron denominando con ese nombre. Por seguir la terminología de los Servicios de Arquitectura de la Falange, de 1939, tras la cruzada venía «el inmenso problema de la reconstrucción de España» (cf. p. 340). Tras la victoria militar tocaba asegurarse el control. Iba con ello indudablemente, como indican los autores, la tarea de hacer visible el nuevo poder en todo el territorio por medio del urbanismo, a través de nuevos nombres de calles, placas conmemorativas, monumentos a la victoria, edificios religiosos, reconstrucción de ciudades en ruinas, embalses, pueblos de nueva planta, universidades laborales y otras iniciativas. De ahí que un título que diera expresión directa a esta voluntad de consolidar por la vía urbanística el dominio dictatorial hubiera sido tal vez más adecuado.

(2) El capítulo final de síntesis lleva el título «El urbanismo bajo Franco. La continuación de la guerra civil española por otras vías» (p. 340); tal encabezamiento es sin duda impactante, pero no refleja los principales resultados del estudio. La posguerra española se vio marcada por una masiva pobreza, persecución política, terror de estado, asesinato en masa, explotación por trabajos forzados, así como otras modalidades de marginación y exclusion social de los antiguos adversarios. Pero, de hecho, tales crímenes y tan innumerables vulneraciones de los derechos humanos durante el franquismo de estos años no se producían ya en el marco de una guerra, es decir, en una situación en que dos campos opuestos se enfrentan en la batalla. No era este el caso, y ello agrava aún más los crímenes. La metáfora elegida, a pesar de su intención drástica, se queda corta ante la realidad.

Desde el punto de vista de la sociología del control, tras 1939 se pretendió sobre todo asegurar el poder y dotar de cotidianía el dominio carismático de Franco, en interés de sus seguidores; ampliar la base social del régimen; integrar nuevos ámbitos sociales, cruciales para estabilizar la dominación. En este título de cuya oportunidad dudamos, no se hace manifiesta la relación mutua entre represión e integración social. La visible represión hacia quienes había combatido del lado de la República, dio lugar también a una intensa presión adaptativa y conformista sobre el resto de la población. Esta combinación de miedo a represalias y perspectivas de oportunidad para mejorar la vida fue puesta en juego por el régimen para ensanchar su base social.

El urbanismo es el ejemplo señero de cómo la represión y las ofertas de integración iban juntas en la práctica dictatorial. Por un lado, se observa la erección de una «infraestructura de la opresión», la utilización masiva de trabajadores forzados para la construcción o la mejora de equipamientos urbanos y rurales, la expulsión de los mejores espacios y tierras habitables, la intensa pobreza en todo el país, que se evidencia en los múltiples barrios de miseria y en una construcción antisocial de viviendas. Por el otro lado, la dictadura se esforzaba en servir a sus seguidores y multiplicarlos: ello principia por la reconstrucción modernizadoras de ciudades destruidas, y la edificación de vivienda urbana de calidad para la burocracia del nuevo estado y las capas medias a quienes se intentaba persuadir. También en la colonización interior, con sus numerosas aldeas de nueva planta para la población rural deseosa de integrarse, así como la creación de universidades laborales para la generación de elites procedentes de orígenes modestos. Resulta en último término sorprendente, con cuánta deliberación y precisión política supieron las elites aprovechar las variadas funciones del urbanismo para consolidar su posición dominante. Este es un importante resultado de los autores, que no logra quedar plasmado en el título, con su referencia a «la continuación de la guerra civil española por otras vías».

(3) Cabe también discutir el concepto de «dictadura desarrollista», aplicado por los autores a la caracterización de esta fase temprana del periodo: «el urbanismo […] permite clasificar al régimen como una neta dictadura desarrollista y represiva, de economía estatal» (p. 341). Por un lado, puede argüirse que, desde los años del regeneracionismo, todos los gobiernos españoles hubieron de confrontar el problema de un desarrollo retrasado. Asimismo, ha de advertirse que, si bien es cierto que la idea del desarrollo era central en el discurso de la Falange, pero las realidades del franquismo imponían otras prioridades, como exponen los autores a la luz de dos ejemplos: el fracaso del modelo público de vivienda de alquiler a beneficio de los promotores privados, y la política de regadíos, cuyos frutos recayeron sobre todo en los terratenientes. En tercer lugar, solo en el área del urbanismo fue posible conseguir resultados cualitativamente valiosos, partiendo de unos métodos poco tecnificados, materiales tradicionales y modos de edificar (sin acero ni cemento), pero disponiendo de buenos arquitectos, mucha mano de obra y trabajadores forzados. Este modelo low-tech no era exportable a otros sectores, que exigían más estrictos requisitos técnicos y de cualificación para la producción y capacidad de concurrencia. A partir de los éxitos en urbanismo y construcción de infraestructuras no debe extrapolarse al desarrollo conjunto de la economía, por lo que no el régimen no puede ser descrito globalmente como dictadura desarrollista. Por decirlo de otra manera, solo en el sector urbanístico, impregnado de las nociones de política de desarrollo de la Falange, cabía esperar cierto éxito del modelo de una neta dictadura desarrollista y represiva de economía estatal. Los logros del sector urbanístico no son suficientes, según nuestro modo de ver, para clasificar globalmente al régimen como dictadura desarrollista.

Puede afirmarse aún más: la productividad de la agricultura y la industria en la etapa inicial del franquismo fue muy baja o casi inexistente. El modelo económico en su conjunto fracasó. La economía, dirigida por el Estado, llegó en 1956 a una crisis que ponía en peligro el sistema; de ella solo se pudo salir gracias a una nueva política, liberal en lo económico, con renovado personal político, plan de estabilización, mudanza ideológica, integración en la economía mundial, inversión extranjera, emigración de trabajadores… (sobre la magnitud de la crísis, véase Anna Catharina Hofmann: Fran­cos Moderne. Technokratie und Diktatur in Spanien 1956-1973. Göttingen 2019: Wallstein Verlag). Por ello, la literatura suele aludir al franquismo en términos de dictadura desarrollista solo a partir de 1959, aunque dejando en suspenso si con ello se entiende la autodescripción, es decir, la nueva ideología legitimadora del desarrollismo, o si se admite que el tardofranquismo fue politológicamente y con arreglo a la sociología del poder lo que propiamente puede describirse como dictadura desarrollista.

En cuarto y último lugar: llama poderosamente la atención que en el libro también se aborde la infraestructura de construcción destinada a la represión, así como la importancia del trabajo forzado para la construcción urbana, especialmente en los capítulos sobre Madrid, Barcelona y el Valle de los Caídos. Este nudo temático podría desarrollarse más, entrando en detalles sobre la erección y uso de los numerosos campos de concentración (estimados en 194, p. 166). Aunque los estudiosos de las ciudades puedan alegar que esto escapa a su campo de atención, sería de gran utilidad para apreciar en su conjunto el mundo de la vivienda en el franquismo inicial el disponer de información adicional sobre los abundantes refugios y barrios de chabolas, así como la política al respecto.

9. Resumen

La consulta, lectura y estudio de la obra puede recomendarse, no solo a quienes se ocupan científicamente del urbanismo y el desarrollo social español, sino también a un público más amplio. Su estilo es factual y sobrio, la composición bien pensada, y la revisión editorial debe haber sido extraordinariamente laboriosa. Este detallado estudio es una rica fuente, de la que puede obtenerse una copiosa información sobre el urbanismo español entre 1938 y 1959, en sus diversas facetas y funciones; se abarcan cuidadosamente, de hecho, temas generalmente marginados, como la colonización interior o las universidades laborales. En los diversos campos de acción urbanística se describe cómo el urbanismo se usó como herramienta de dominio por el franquismo. La convincente imbricación entre urbanismo y modos de control es uno de los principales logros de la obra. Ha de destacarse también que los autores elaboran y explican la pluralidad de estilos constructivos y modelos urbanos presentes. En esta diversidad ocupan un lugar destacado arquitectos ajenos al estilo predilecto de la Falange, los cuales pudieron anudar su praxis con el urbanismo anterior a Franco, y que, al mismo tiempo, conocían y apreciaban la discusión especializada internacional y las tendencias urbanísticas de otras dictaduras europeas. Finalmente ha de destacarse una vez más que los autores ligan el estudio de la historia del urbanismo con una cuestión de actualidad: qué hacer o qué debería hacerse con el legado constructivo del franquismo.

Queda desear muchos lectores a este libro, y sería de esperar que, entre los germanohablantes, así como en el mundo profesional español y otros ámbitos lectores, alcance resonancia y sea apliamente discutido. En las listas de los mejores libros especializados se habrá ganado este estudio un lugar de honor.


Harald Bodenschatz und Max Welch Guerra (Hrsg.):
Städtebau als Kreuzzug Francos. Wiederaufbau und
Erneuerung unter der Diktatur in Spanien 1938–1959
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Berlin: DOM Publishers 2021, ISBN: 978-3-86922-527-2

Harald Bodenschatz und Max Welch Guerra (Hrsg.): Städtebau als Kreuzzug Francos

Über einen Stützpfeiler des Franquismus: Städtebau in Spanien als politisch zielgerichtet eingesetz­tes Herrschaftsmittel

Rezension von Knud Böhle

1. Einleitung

Uwe Altrock (Universität Kassel), Harald Bodenschatz (TU Berlin und Bauhaus-Universität Weimar), Jean-François Lejeune (University of Miami), Piero Sassi (federführend; Bauhaus-Universität Weimar) und Max Welch Guerra (Bauhaus-Universität Weimar) haben einen großformatigen (30 cm x 24 cm) mit 570 Illustrationen ausgestatteten Band zum Städtebau während der ersten 20 Jahre der Franco-Diktatur (1938–1959) vorgelegt.

Die Autoren sind renommiert und decken zusammen ein weites fachliches Spektrum ab, zu dem unter anderem Architektur, Architekturgeschichte, Stadt- und Raumplanung zählen, aber ebenso Politik- und Planungswissenschaft sowie Architektursoziologie. Die vorliegende Studie versteht sich als Beitrag zur Erforschung des Städtebaus europäischer Diktaturen. Vergleichbare Arbeiten zu Deutschland, der Sowjetunion, Italien und Portugal sind in früheren Jahren bereits veröffentlicht worden.

Der Text-Bild-Band imponiert allein schon durch das vielfältige, mit aussagekräftigen Legenden verse­hene Bildmaterial. Dafür wurde aus zahlreichen Quellen, auch aus Sammlungen der Autoren selbst, geschöpft. Neben Fotos von Bauwerken, Städten und Statuen, werden auch Ansichtskarten, Pläne, Skizzen, Prospekte, Plakate, Bilder aus Filmen und anderes mehr einbezogen. Der mit dem Buch verbundene Anspruch geht selbstverständlich weit über den eines Bildbandes hinaus.

2. Anspruch der Studie

Für die Spezifizierung und das Anliegen der vorliegenden Studie sind zwei Grundannahmen zen­tral: Die erste Hypothese ist, dass die Protagonisten der Franco-Diktatur von An­fang an im Städtebau «ein wirksames Herrschaftsmittel» (S. 27, S. 342) erkannten, welches sie «politisch zielgerichtet» (S. 29) einsetzten. Die zweite Hypothese lautet, dass es während der ersten 20 Jahre der Diktatur «eine eigene, eine einzigartige Städtebaupolitik» (S. 31) gegeben hat, während das Regime ab 1960 dann weitgehend den Leitbildern der «westeuropäischen Nachkriegsmoderne» (S. 344) folgte. Diese doppelte Perspektive auf den Städtebau ermöglicht es den Autoren, Formen und Funktionen des Städtebaus in Wechselbeziehung zu der politischen, ideologischen und sozialen Konfiguration dieser Phase des Franquismus in den Blick zu nehmen.

Die Rezension wird sich vor allem mit der ersten Hypothese befassen. Eine kritische Erörterung der zweiten Hypothese, die den Sachverstand der mit dem Städtebau hauptsächlich befassten scientific communities erforderte, kann hier nicht geleistet werden. In der vorliegenden Besprechung wird bewusst auf Abbildungen verzichtet. Bildmaterial findet sich auf den Internet-Seiten des Verlags, die gleichzeitig einen Eindruck von der Gestaltung des Buches ermöglichen.

Für die Anlage und Rahmung der Publikation ist es wichtig, dass sie «mit dem deutschsprachigen Publikum vor Augen» (S. 34) verfasst wurde. Das bedeutet unter anderem, dass an vielen Stellen politische sowie städtebauliche Bezüge zu Deutschland aufgezeigt werden, wozu auch der Einfluss prominenter deutscher Architekten gehört ‒ etwa von Hermann Jansen, Paul Bonatz oder Otto Bartning. Der langjährige «intensive, deutsch-spanische, fachprofessionelle Austausch» (S. 79) ist dabei als Hintergrund mitzudenken.

Die Autoren reklamieren im Übrigen für sich eine andere Herangehensweise an ihren Gegenstand als die in Spanien übliche, die «architektengeprägt» sei (S. 37). Demgegenüber wird hier der Städtebau betont, der perspektivisch in den Kontext des Städtebaus jener euro­päischen Diktaturen gestellt wird, die zu Beginn der Franco-Diktatur in Europa bereits an der Macht waren.

3. Aufbau der Studie

Der Aufbau des Bandes ist didaktisch gut durchdacht und sorgfältig komponiert. An den Anfang, quasi als Ouvertüre, wird eine Bildstrecke von 20 Seiten gestellt, auf der die Hauptphänomene des Städtebaus, um die es gehen wird, exemplarisch aufgezeigt werden. Am Ende des Buches wird wie­derum eine Bildstrecke geboten, die vor allem der Geschichtserinnerung und dem heutigen Umgang mit dem gebauten Erbe gewidmet ist. Das an die erste Bildstrecke sich anschließende Kapitel hat einleitenden Charakter. Es ordnet die Franco-Diktatur ein, erläutert den Forschungsstand und den eigenen Ansatz.

Das nächste Kapitel lässt sich als weitere Hinführung und hilfreicher Einstieg für ein deutsches Pu­blikum begreifen. Im Vergleich zweier großer, 1942 in Madrid gezeigter Ausstellungen, namentlich «Neue deutsche Baukunst» und «Arbeiten der Generaldirektion für Architektur», werden die jeweilige Städte­baupropaganda und die unterschiedlichen Zwecksetzungen des Städ­tebaus sichtbar. Nazi-Deutschland hat die Niederlage von Stalingrad und die Zerstörung deutscher Städte noch vor sich, in Spanien geht es bereits um den Wiederaufbau im Bürgerkrieg zerstörter Städte, den Wohnungsbau und freilich nicht zuletzt um die bauliche Glorifizierung des Sieges.

In weiteren Kapiteln wird das Material ausgebreitet und erläutert. An manche der behandelten The­men hätte vermutlich kaum einer bei dem Stichwort Städtebau des Franquismus gedacht. Folgende acht Handlungsfelder des Städtebaus, die hier nur schlagwortartig angedeutet werden können, wer­den untersucht: (1) der Wiederaufbau im Krieg zerstörter Orte, (2) die Erneuerung und Erweiterung der Innenstadt Madrids und die Neugestaltung der Stadtregion, (3) der Altstadtumbau und der in­dustrielle Städte­bau in und um Barcelona, (4) die «Arbeiteruniversitäten – Universitätsstädte neuen Typs», (5) die Erneuerung der Altstädte, (6) Binnenkolonisation, Kolonistendörfer und Wasserbauinfrastruktur, (7) der Städte­bau in den spanischen Kolonien Nordwestafrikas, und (8) das Tal der Gefallenen als «Schlüsselpro­jekt des franquistischen Städtebaus» (S. 322ff).

Zu den «Arbeiteruniversitäten» sei kurz erläutert, dass es weder um Univer­sitäten noch um Berufsschulen im bei uns üblichen Verständnis ging, sondern um «totale Institutionen», wie der Soziologe Erving Goffman sagen würde. In ihnen wurden Internat, ideologische In­doktrination durch die Falange und die Kirche mit Sekundarstufe und Fachausbildung gekoppelt, um re­gimetreue Eliten heranzuziehen. Anfangs gehörte in einigen Einrichtung auch die landwirtschaftli­che Selbstversorgung dazu.

In den meisten Kapiteln werden typische Grundzüge des Städtebaus anhand herausragender Bei­spiele deutlich gemacht, wobei die Beispiele so gewählt sind, dass die städtebauliche Vielfalt deut­lich aufgezeigt werden kann. Beim Thema Wiederaufbau etwa, werden die im Bürgerkrieg zerstör­ten Städte Brunete, Guernica und Belchite genauer untersucht. Bei den «Arbeiteruniversitäten» wer­den von den 21 Einrichtungen dieses Typs zwei, die von Gijón und Cordoba, eingehend (aber nicht aus­schließlich) beleuchtet. Im Kapitel zur Altstadterneuerung werden Saragossa, Salamanca, San­tander, Santillana del Mar und Granada als Beispiele gewählt.

Im letzten Kapitel werden auf wenigen Seiten (S. 340-351) die wichtigsten Einsichten aus den vorherigen, eher deskriptiven Kapiteln aufgenommen und in eine Gesamtsicht der Formen und Funktionen des Städtebaus im frühen Franquismus (1939-1959) integriert. Die acht Anhänge sind ein gutes Mittel, den Haupttext zu entlasten und lesefreundlich zu gestalten. Es werden biografische Angaben zu den im Text genannten einflussreichen Städtebau-Experten jener Zeit gemacht; die Dekrete, Verordnungen und Gesetze, mit den der Städtebau politisch geordnet wurde, werden aufgeführt; die Archive und Sammlungen, denen das Bildmaterial entstammt, wer­den aufgelistet und erwartungsgemäß gibt es auch ein Literaturverzeichnis und ein Personenregister. Im letzten Anhang erfährt man etwas mehr über die Autoren der Studie.

Das ausführliche Inhaltsverzeichnis des Buches kann man online bei der Deutschen Bibliothek einsehen.

4. Adressaten der Studie

Idealtypisch lassen sich vielleicht vier Zielgruppen beziehungsweise Erkenntnisinteressen identifizieren, die das Buch befriedigen kann. Zum einen sind es die Archi­tekten, Architekturhistoriker, Raum- und Stadtplaner, denen ein in vielen Facetten vernachlässigtes Kapitel europäischer Städtebaugeschichte nahegebracht wird. Besonders mit den Kapiteln über den Wiederaufbau nach dem Bürgerkrieg, die Arbeiteruniversitäten, die Binnenkolonisation und den Städtebau in den westafrikanischen Kolonialgebieten wird die Aufmerksamkeit auf Themenfelder gelenkt, die in der Forschung bisher offenbar stark vernachlässigt worden sind.

Das Buch ist ebenso für Zeithistoriker und andere Sozialwissenschaftler, die sich mit dem Franquis­mus als Herrschaftssystem befassen, überaus interessant. Mit dem Städtebau als Herrschaftsmittel wird ihnen eine üblicherweise kaum ausgeleuchtete Dimension eröffnet. Weiter bietet das Buch auch jenen etwas, die sich für die aktuellen Auseinandersetzung um die Erinnerungskultur in Spanien in­teressieren. Dabei ist die Frage, was man mit der baulichen Hinterlassenschaft der Diktatur macht (z.B. Abriss, Transformation, Rekonstruktion, Vergessen, Verdrängen, Neuinterpretation oder Verherrlichung, vgl. S. 38), für das gesamte bauliche Erbe Francos zu stellen – und nicht nur für das bekannte und vieldiskutierte Tal der Gefallenen.

Schließlich bietet der Band auch den städtebaulich interessierten Touristen, die durch die spanischen Lande rei­sen oder Städte besichtigen möchten, durchaus Überraschendes. Wenige wer­den wissen, dass das berühmte gotische Viertel in Barcelona, wie es heute dem Besucher erscheint, weitge­hend während der ersten Hälfte der Diktatur gestaltet wurde, oder dass der bekannte mit Deutschem Werkbund und Bauhaus verbundene Architekt Otto Bartning 1942 in Barcelona eine Kirche für die Deutsche (nazifreundliche) Evangelische Gemeinde erbaute, oder dass es mit dem zwischen 1940 und 1945 in Saragossa errichteten Kirchenkomplex San Antonio de Padua mit Kirche, Kloster und Mausoleumsturm eine besondere Bewandtnis hat. In dem Turm ruhen nicht nur die sterblichen Überreste von etwa 3.000 Italienern, die im Bürgerkrieg gegen die Republik kämpften. Der Turm war und ist noch heute italienisches Hoheitsgebiet (vgl. S. 353). Auch die ausführlichen Kapitel zu Madrid und Bar­celona inklusive Stadtgeschichte, oder die Befassung mit den Neudörfern könnten neugierige Tou­risten inspirieren. Natürlich bieten auch die Informationen zum Wiederaufbau Guernicas (baskisch: Gernika) samt der unrühmlichen Vorgeschichte der Zerstörung der Stadt mit maßgeblicher deut­scher Beteiligung durch die Legion Condor, aber auch die Nachgeschichte des Gedenkens auf deut­scher und spanischer Seite, Anreize, sich den Ort genauer anzusehen.

5. Attribute des frühen Franquismus (1938-1959)

Zum Verständnis des Städtebaus im frühen Franquismus (1938-1959) ist eine gewisse Kenntnis ei­niger Eigenheiten der Franco-Diktatur nützlich. Das nötigte Hintergrundwissen wird von den Autoren in knapper Form in der Einleitung bereitgestellt. Einige Charakteristika des frühen Franquismus werden auch hier kurz vorgestellt, wobei den Autoren sinngemäß weitgehend gefolgt wird.

Es steht außer Zweifel, dass die Diktatur sich auf die Macht des Militärs, der Kirche, der Mon­archisten und der Falange stützte, und das Wohlwollen der Großgrundbesitzer, der Industrie- und Finanzoligarchie genoss (vgl. S. 31). Die Diktatur verstand sich nicht als bloß restaurativ. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Reformbedürftigkeit Spaniens gerade in der Wirtschaft unter dem Begriff «regeneracionismo» diskutiert. Dieses Problembewusstsein teilte der Franquismus mit allen vorherigen Regierungen des Zwanzigsten Jahrhunderts. Im frühen Franquismus war es die besonders vom italienischen Faschismus inspirierte Falange, die der Entwicklungspolitik ihren Stempel aufdrückte.

Die aus einem Militärputsch und dem Bürgerkrieg hervorgegangene Diktatur setzte bis Ende der 50er Jahre die Unter­scheidung von Siegern und Besiegten gnadenlos durch und perpetuierte sie. Zwischen den stigmati­sierten Besiegten des republikanischen Lagers einerseits und den markierten Siegern andererseits, also der Gefolgschaft aus Überzeugungstätern und direkten Profiteuren, gab es noch viele Personen, die in dem Klima von materieller Not und Repression ihr tägliches Überleben oder die Verbesserung ihrer Lage zu sichern suchten. Von daher gab es nicht wenige, die sich genötigt sahen, Angebote der sozialen Integration (auf der Siegerseite) anzunehmen. Das gilt auch für nicht wenige Archi­tekten. Die vom Regime eingeforderte Folgsamkeit und Loyalität schließt eine Ablehnung der Diktatur aber nicht unbedingt aus. Wie es in einer anderen Buchbesprechung im Spanienecho hieß: «Es gab viel Antifranquismus im Franquismus». Auch das dürfte für einige Architekten gelten (vgl. dazu auch den Hinweis in der Studie auf die Distanz der Architektenkammer Kataloniens zur Franco-Diktatur auf S. 192).

Auf der Ebene der Ideologie waren in jener Zeit (bis 1959) der Nationalsyndikalismus und der Natio­nalkatholizismus vorherrschend. Ohne ins Detail zu gehen, gemeinsam war beiden ein übersteigerter Nationalismus, ein antiparlamentarisches, hierarchisches und ständisches Ordnungs­denken, eine Glorifizierung vergangener historischer Größe und des ländlichen Raums (gegenüber der Stadt). Gemeinsam war beiden auch die manichäische Radikalisierung in Denken und Handeln, sowohl während des Krieges als auch in den zwei Jahrzehnten danach.

Der nationalsyndikalistische Diskurs war stark von faschistischen Ideen geprägt, was eine gewisse Anerkennung der sozialen Frage, der Interessen der (loyalen) Werktätigen und der Notwendigkeit staatlich gelenkter wirtschaftlicher Entwicklung beinhaltete ‒ mit einer Vorliebe für Großprojekte, in denen vormoderne Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft und Infrastrukturverbesserung kurzge­schlossen wurden. Demgegenüber war der Nationalkatholizismus ein rückwärtsgewandter Fun­damentalismus, der die Trennung von Kirche und Staat rückgängig machen und einen konfessionel­len Staat errichten wollte, was im frühen Franquismus tatsächlich gelang.

Auf der Ebene der Sprache war die katholisch reaktionäre Metaphorik besonders präsent: der Bürgerkrieg wurde zum Kreuz­zug, der Diktator wurde mit Gottesgnadentum ausgestattet, die Gegner wurden mit Begriffen wie Anti-Christ, Anti-Patria und Anti-España verteufelt. In dieser ideologisierten Wirklichkeit, um ein für den Städtebau relevantes Beispiel zu wählen, mutierte die Ausbeutung durch Zwangsarbeit zur «Erlösung von Strafen durch Arbeit». Das dem Justizministerium unterstehende, die Zwangsarbeit steuernde Gremium hatte bezeichnenderweise (ab 1942, vgl. S. 327) den aufgeblasenen Namen: «Zentralpa­tronat Unserer Lieben Frau der Gnade für die Erlösung von Strafen durch Arbeit» (Patronato Cen­tral de Nuestra Señora de la Merced para la Redención de las Penas por el Trabajo). Nach 1945, dem Ende des zweiten Weltkriegs und dem Beginn des Kalten Krieges, waren die Nationalsyndikalis­ten und ihre Ideologie vor allem international nicht mehr präsentabel, behielten aber im Innern noch über Jahre beachtlichen Einfluss etwa in der Lohnpolitik, aber auch in der Siedlungs- und Entwicklungspolitik.

6. Probleme des Städtebaus und ideologisch geprägte Lösungen

Der Städtebau jener Zeit hatte, jenseits ideologischer Erfordernisse, auf eine Reihe handfester Probleme zu antworten, die die Autoren mit Zahlen unterfüttern.

Der Wiederaufbau zerstörter Städte bezog sich auf etwa 200 Orte (S. 72, S. 348). Ende des Bürgerkriegs waren 192 Ortschaften mindestens zu 60% zerstört (S. 48). Die Eindämmung der Landflucht durch Förderung der Landwirtschaft wurde als weiteres dringendes Problem gesehen. Binnenkolonisation und Verbesserung der Infrastruktur auf dem Lande, insbe­sondere durch den Wasserbau, waren die Antworten. Im Rahmen der Binnenkolonisation wurden bis 1959 etwa 200 Neudörfer angelegt, nach 1960 noch weitere 95 (S. 296, S. 302). Betrachtet man Bewässerung und Elektrizitätsgewinnung als wichtige Elemente der Infrastrukturverbesserung, dann kann der Bau von Staudämmen als brauchbarer Indikator dienen: 1939 gab es 180 Staudäm­me; in den Jahren 1943-1954 kamen 100 weitere Staudämme dazu, und in den Folgejahren 1955-1970 nochmals 276 (S. 255f).

Ein weiteres unübersehbares Problem stellte die Wohnungsnot in den Großstädten dar, die sich an den zahlreichen informellen Siedlungen zeigte. Allein in Madrid gab es Anfang der 1950er Jahre 30 Elendssiedlungen, in denen etwa 400.000 Personen lebten (S. 153). Dieses Problem wurde nur unzureichend angegangen. Stattdessen wurde der Wohnungs- und Städtebau für Personenkreise gefördert, die man an das Regime binden wollte. Der Wohnungs- und Städtebau (auf dem Lande) wurde als Herrschaftsinstrument eingesetzt, um die Gefolgschaft des Diktators zu beloh­nen, indem Loyalität gegenüber dem Regime mit bevorzugter Wohnungs- oder Landvergabe prä­miert wurde.

Eine weitere Aufgabe des Städtebaus war der Aufbau einer «Infrastruktur der Unterdrückung», wor­auf die Autoren ausführlich für Madrid (S. 166ff) und Barcelona (S. 205ff) eingehen. Gemeint sind damit Haftanstalten, Konzentrationslager, Hinrichtungsstätten. Genutzt wurden vorhandene Gefängnisse, modernste Haftanstalten wurden neu errichtet, andere vorhandene Gebäude wurden für den Zweck der Repression umgewidmet, Friedhöfe wurden als Hinrichtungsstätten mißbraucht.

Eine Funktion des Städtebaus, vermutlich in allen Diktaturen, ist es, Erinnerungsorte zu schaffen. Zu den bekanntesten Erinnerungsorten des franquistischen Spaniens gehören das Tal der Gefallenen nordwestlich von Madrid, der Siegesbogen in Madrid (arco de la victoria) und die wiederaufgebaute Festung (der Alcázar) in Toledo. Aber auch die Art, wie im Krieg zerstörte Städte wieder aufgebaut und vorgezeigt werden, erfüllte neben der des Wiederaufbaus eine propagandistische Funktion. Die Autoren zeigen das anhand von drei legendären Kriegsschauplätzen des Bürgerkriegs (Brunete, Belchite und Guernica).

Der Städtebau war in vielerlei Hinsicht ideologisch geprägt und spiegelte ein rückwärtsgewandtes Weltbild: Heraufbeschwören der großen imperialen Vergangenheit, eine Präferenz für den ländli­chen Raum, Zentralismus der Hauptstadt Madrid, Erinnerungsorte im Umkreis der Hauptstadt (S. 161), eine Präferenz für die Plaza Major, an der die staatstragenden Einrichtungen wie die Falange und ihre Gewerkschaftsorganisation, Poli­zei, Rathaus und Kirche demonstrativ in Szene gesetzt wurden. Letztlich gab es kaum ein städte­bauliches Projekt im Franquismus, das ohne Kirche ausgekommen wäre ‒ egal ob es um Arbeiteruniversitäten, Wohnviertel oder Neudörfer ging. Der rückwärtsgewandten Gesellschaftspolitik korrespondiert auch eine «erhaltende Altstadterneuerungspolitik» (S. 345) für mittlere und kleinere Städte.

Es gab sogar einen von der Falange präferierten Baustil, den Escuralismo, ein an der Architektur des Esco­rial orientierter strenger, neoklassischer Stil (S. 212). Die Arbeiteruniversität in Gijón ist dafür eines der bekanntesten Beispiele. Der Escuralismo stellte aber nur eine Variante innerhalb einer Vielzahl praktizierter Baustile dar. Zu ergänzen ist ferner, dass das Regime auch die eigene Modernität unter Beweis stellen wollte, ablesbar etwa am Bau von Hochhäusern in Madrid, dem industriellen Städtebau in Barcelona oder dem Bau moderner Flughäfen und riesiger Fußballstadien.

7. Grenzen des Einflusses der Falange auf den Städtebau

An die Aussage zur Vielfalt der Architekturstile knüpft eine außerordentlich interessante These der Autoren zur Rolle der Architekten und Städtebauer im Franquismus an. Unter den Architekten des Regimes gab es entschiedene Franco-Anhänger und solche, die die Chance in ihrer Profession tätig zu sein, ergriffen: «Dem Franquismus gelang es, das technische Können und die gestalterische Kreativität der spanischen Architektenschaft schon früh und in beträchtlichem Maße für sich zu mobilisieren» (S. 344). Das ermöglichte der weitgehend falangistisch geprägten Administration, «die in ihren Reihen fehlende fachliche Kompetenz auszugleichen» (S. 345). Im Ergebnis kam es dadurch zu einer Vielzahl an Formsprachen und Baustilen bei hoher fachlicher Qualität, was besonders sinnfällig an den Arbeiteruniversitäten und Kolonistendörfern gezeigt wird. Über die Architekten wurde auch eine Kontinuität mit bereits existierenden Plänen und Projekten gesichert, die nicht originär franquistisch waren, sondern wie die Bebauungspläne für Madrid und Barcelona eine lange Vorgeschichte hatten. Eine weitere Quelle der städtebaulichen Vielfalt ist darin zu sehen, dass diese Städtebauer die internationale Diskussion kannten und sich zudem von den Produkten anderer Diktaturen inspirie­ren lassen konnten. Insgesamt sehen die Autoren den Städtebau dieser Zeit «in den Städten wie auf dem Land als eine traditionelle Variante der Moderne, die auch das faschistische Italien wie die So­wjetunion Stalins prägte» (S. 346).

Kennzeichnend für die Herrschaft des Franquismus ist auch, wie die Analyse der Autoren zeigt, dass selbst dort, wo die Falangisten soziale Anliegen im Städtebau umsetzen wollten, es am Ende zu einer Umverteilung und Begünstigung der bereits Wohlhabenden kam. Beispiel 1: Es gab eine staatliche Förderung für den Bau von Mietwohnungen für Mittelschichten, von der auch private Unternehmen über Steuerbegünstigungen profitierten (S. 145). Steigenden Mieten begegnete das Regime zunächst durch eine Mietpreisdeckelung und dann durch ein Verbot von Mieterhöhungen. Dadurch wurde der Bau von Mietwohnungen von den privaten Unterneh­men nicht mehr als attraktiv angesehen, und das führte dazu, dass diese Wohnungen dem Mietmarkt entzogen und an Wohlhabende verkauft wurden. Beispiel 2: Insgesamt wurden von 1939 bis 1975 beachtliche 1.635.000 Hektar Land durch staatlich finanzierte Maßnahmen bewässert. An Siedler der Neudörfer wurden davon nur 149.358 Hektar verteilt (S. 249). «Die Hauptprofiteure waren nicht die Sied­ler, sondern die Besitzer großer landwirtschaftlicher Güter, die eine gewaltige Aufwertung er­fuhren» (ebd.) – nach Schätzungen eine Steigerung von 1.200 bis 2.000 Prozent gegenüber dem Vorkriegswert.

8. Drei kritische Anmerkungen und ein Wunsch

Die Autoren gehen von einer «kritischen Leserschaft» aus (S. 39). Vier Punkte, bei denen es nicht um grundsätzliche Kritik geht, sondern um Nuancierungen und Klärungsbedarf, sollen hier angesprochen werden. Bei den drei Anmerkungen geht es darum, prägnante Formulierungen der Autoren zu hinterfragen, zunächst den Haupttitel des Buches «Städtebau als Kreuzzug Francos», dann den Titel des Schlusskapitels, das die Ergebnisse synthetisieren soll «Städtebau unter Franco. Die Fortsetzung des Spanischen Bürgerkriegs mit anderen Mitteln». Schließlich wird noch eine zentrale Aussage diskutiert: «Der Städtebau […] erweist das Re­gime als offen repressive Entwicklungsdiktatur staatswirtschaftlichen Typs» (S. 341). Der Wunsch bezieht sich auf eine Erweiterung der Abschnitte zur „Infrastruktur der Unterdrückung“. Wer kein besonderes Interesse an kleinteiligen Auseinandersetzungen um Worte und Begriffe hat, mag diesen Teil der Rezension überspringen, und gleich zum Fazit übergehen.

(1) Der Haupttitel des Buches «Städtebau als Kreuzzug Francos» ist irritierend, zumal die Autoren nicht explizieren, wie der Titel verstanden werden soll. Ein deutscher Leser mag zunächst an die Kreuzzüge des Mittelalters denken. Im Kontext der Franco-Diktatur stammt der Begriff Kreuzzug (cruzada) ohne Frage aus der ideologischen Kiste des Nationalkatholizismus, und wurde verwendet, um damit den Kampf der Aufständischen gegen die Zweite Republik und den Sieg im Bürgerkrieg zu sakralisieren. Cruzada ist in dem ideologischen Kontext ein Synonym für den Bürgerkrieg. Nach der cruzada beginnt eine neue Etappe, die auch von den Protagonisten und Propagandisten der Diktatur nicht mehr als cruzada bezeichnet wird. Den Worten der Sektion Architektur der Falange aus dem Jahr 1939 folgend, stand nach dem Kreuzzug das «großartige Problem des Wiederaufbaus Spaniens» (vgl. S. 340) an. Nach dem militärischen Sieg kam es darauf an, die Herrschaft zu sichern. Damit war durchaus auch die Aufgabe verbunden, wie man bei den Autoren lernen kann, die neue Herrschaft im ganzen Territorium mit Mitteln des Städtebaus zu manifestieren, durch neue Straßennamen, Gedenktafeln, Monumente des Sieges, Sakralbauten, Wiederaufbau zerstörter Städte, Stauseen, Neudörfer, Arbeiteruniversitäten und anderes mehr. Von daher wäre ein Titel, der die Sicherung der diktatorialen Herrschaft durch den Städtebau direkt zum Ausdruck gebracht hätte, möglicherweise treffender gewesen.

(2) Die Überschrift des letzten, die Ergebnisse der Untersuchung resümierenden Kapitels «Städtebau unter Franco. Die Fortsetzung des Spanischen Bürgerkriegs mit anderen Mitteln» (S. 340) ist sicherlich aufrüttelnd gemeint, bringt aber die wesentlichen Einsichten der Studie gar nicht auf den Punkt. Die Nachkriegszeit in Spanien war geprägt durch Massenarmut, politische Verfolgung, Staatsterror und Massenmord, Ausbeutung durch Zwangsarbeit sowie weitere Formen sozialer Ausgrenzung und Exklusion der ehemaligen Gegner. Von daher kann metaphorisch durchaus von einer Fortsetzung des Bürgerkriegs mit anderen Mitteln gesprochen werden. Aber realiter fanden die Untaten und zahllosen Menschenrechtsverletzungen des Franquismus in diesen Jahren gerade nicht mehr in einem Krieg statt, der immer zwei bewaffnete Lager, die sich im Kampf befinden, voraussetzt. Das war hier nicht mehr der Fall und deshalb wiegen diese Verbrechen noch schwerer. Die Drastik der gewählten Metapher erweist sich gegenüber der Realität als noch zu harmlos.

Herrschaftssoziologisch ging es nach 1939 in erster Linie um Herrschaftssicherung und Veralltägli­chung der im Krieg aufgebauten charismatischen Herrschaft Francos im Interesse seiner Anhänger, um die Erweiterung der sozialen Basis des Regimes und um die Integration weiterer, für die Stabilisierung der Herrschaft wichtiger Kreise. In der problematisierten Überschrift kommt die Wechselbeziehung von Repression und sozialer Integration nicht mehr zum Ausdruck. Die offenkundige Re­pression derer, die auf Seiten der Republik gekämpft hatten, erzeugte auch einen außerordentlicher Anpassungs- und Konformitätsdruck bei allen anderen. Es war die Angst vor Repressalien im Verein mit Aussichten auf verbesserte Lebenschancen, die das Regime einsetzte, um seine soziale Basis zu erweitern.

Der Städtebau ist das Paradebeispiel, wie Repression und Integrationsangebote in der Praxis der Diktatur zusammen gehörten. Auf der einen Seite steht die Errichtung einer «Infrastruktur der Unterdrückung», der massive Einsatz von Zwangsarbeit im Baubereich und bei der Verbesserung der städtischen und ländlichen Infrastruktur, der Ausschluss von günstigem Wohnraum und Land, und die große Armut im ganze Lande, die deutlich an den vielen Elendsvierteln ablesbar ist und auf einen unsozialen Wohnungsbau hinweist. Auf der anderen Seite war die Diktatur bestrebt, ihre Gefolgschaft zu bedienen und auszuweiten: das fängt beim modernisierenden Wiederaufbau zerstörter Städte an und dem Bau anständiger Stadtwohnungen für die Bürokratie des Neuen Staates und die Mittelschichten, die man zu gewinnen hoffte. Das setzt sich in der Binnenkolonisation mit den zahlreichen Neudörfern für die integrationswillige Landbevölkerung fort und zeigt sich ebenso beim Bau der Arbeiteruniversitäten für den Elitenachwuchs aus kleinen Verhältnissen. Das Überraschende ist am Ende, wie durchdacht und politisch zielge­richtet die Eliten die verschiedenen Funktionen des Städtebaus zur Stabilisierung ihrer Herrschaft zu nutzen wussten. Das ist die wichtige Erkenntnis der Autoren, die in der Überschrift und der Rede von der «Fortsetzung des Spanischen Bürgerkriegs mit anderen Mitteln» verloren geht.

(3) Auch der Begriff der «Entwicklungsdiktatur», den die Autoren zur Charakterisierung dieser frühen Phase der Diktatur ins Spiel bringen, ist zu diskutieren: «Der Städtebau […] erweist das Re­gime als offen repressive Entwicklungsdiktatur staatswirtschaftlichen Typs» (S. 341).

Zum einen kann argumentiert werden, dass seit den Jahren des Regenerationismus alle spanischen Regierungen sich mit dem Problem nachholender Entwicklung konfrontiert sahen. Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass der Entwicklungsgedanke zwar im Diskurs der Falange eine bedeutende Rolle spielte, dass die Realität des Franquismus als Regime aber durchaus auch andere Prioritäten kannte, wie von den Autoren selbst an zwei Beispielen aufgezeigt wurde: dem Scheitern des geförderten Mietwohnungsmodells zugunsten privater Bauunternehmer und den Bewässerungsmaßnahmen zugunsten von Großgrundbesitzern.

Drittens, nur im Städtebau war es möglich gewesen, mit wenig technisierten Methoden, traditionellen Materialien und Bauweisen (ohne Stahl und Beton), guten Architekten, viel Handarbeit und Zwangsarbeit qualitativ hochwertige Ergebnisse hervorzubringen. Dieses low-tech-Modell war nicht auf andere Sektoren, mit anderen technischen und qualifikatorischen Voraussetzungen für Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit, übertragbar. Aus den Leistungen im Städtebau und Infrastrukturaus­bau lässt sich deshalb nicht auf die allgemeine Entwicklung der Wirtschaft schließen und von daher qualifiziert sich auch das Regime als Ganzes nicht als Entwicklungsdiktatur. Anders gesagt: Nur im von den entwicklungspolitischen Vorstellungen der Falange geprägten Sektor des Städtebaus wurde das Modell einer offen repressiven Entwicklungsdiktatur staatswirtschaftlichen Typs mit einem gewissen Erfolg umgesetzt. Die Erfolge auf dem Sektor Städtebau reichen, so die hier vertretene Ansicht, nicht aus, um das Regime insgesamt als Entwicklungsdiktatur zu erweisen.

Man kann sogar noch weiter gehen: die Produktivität in Landwirtschaft und Industrie war im frühen Franquismus extrem niedrig und blieb es. Das Wirtschaftsmodell insgesamt scheiterte. Die staatlich gelenkte Wirtschaft geriet 1956 in eine systemgefährdende Krise, aus der erst eine neue wirtschaftsliberale Politik herausführte, mit neuem politischen Personal, Stabilisierungsplan, veränderter Ideologie und Inte­gration in die Weltwirtschaft, Investitionen aus dem Ausland, Arbeitsemigration etc. (vgl. zur Tiefe der Krise Anna Catharina Hofmann: Fran­cos Moderne. Technokratie und Diktatur in Spanien 1956-1973. Göttingen 2019: Wallstein Verlag). In der Literatur wird bezogen auf den Franquismus deshalb meistens erst für die Zeit nach 1959 von Entwicklungsdiktatur gesprochen, wobei es durchaus strittig ist, ob damit nur auf die Selbstbeschreibung, also die neue Legitimationsideologie des desarrollismo, abgezielt wird, oder gemeint ist, der späte Franquismus sei politologisch und herrschaftssoziologisch korrekt als Entwicklungsdiktatur zu bezeichnen.

Viertens und abschließend: Es ist bemerkenswert und wichtig, dass in dem Buch auch die bauliche Infrastruktur der Unterdrückung und die Bedeutung der Zwangsarbeit für den Städtebau thematisiert wird – insbesondere in den Ka­piteln über Madrid, Barcelona und das Tal der Gefallenen. Dieser Themenkomplex könnte weiter ausgebaut werden, indem ausführlich auf die Errichtung und die Nutzung der zahlreichen Lager (von 194 Konzentrationslagern ist die Rede, S. 166) eingegangen würde. Auch wenn die Stadtforscher das nicht als ihr Aufgabengebiet sehen würden, wären doch mehr Informationen zu den zahlreichen informellen Siedlungen (vulgo Slums oder chabolas) und der darauf bezogenen Politik durchaus wünschenswert, um das gesamte Wohnungswesen im frühen Franquismus besser zu überschauen.

9. Fazit

Das Werk kann nicht nur jedem, der sich wissenschaftlich für den Städtebau und gesellschaftliche Entwicklungen in Spanien interessiert, sondern auch einem breiteren Publikum zum Schauen, Lesen und Studieren empfohlen werden. Der Stil ist sachlich-nüchtern, der Aufbau gut durchdacht und das Lektorat muss außerordentlich sorgfältig gearbeitet haben. Es ist in dieser detailreichen Studie außerordentlich viel über den Städtebau Spaniens von 1938 bis 1959 in seinen zahlreichen Facetten und Funktionen zu erfahren, wobei gerade auch auf fast vergessene Themen, wie die Binnenkolonisation oder die Arbeiteruniversitäten, ausführlich eingegangen wird. Für die unterschiedlichen städtebaulichen Handlungsfelder wird herausgearbeitet, wie der Städtebau als Herrschafts­mittel im Franquismus eingesetzt wurde. Die überzeugende Verzahnung von Städtebau und Herr­schaftsform ist ein besonderes Verdienst der Arbeit. Herauszustellen ist aber auch, dass die Autoren die Vielfalt der anzutreffenden Baustile und Stadtanlagen herausarbeiten und erklären. Da­bei spielen die nicht dem präferierten Stil der Falange verpflichteten Architekten eine große Rolle, die einerseits Kontinuität zum Vor-Franco-Städtebau herstellen konnten, und die andererseits die internationale Fach­diskussion und Entwicklungen im Städtebau anderer europäischer Diktaturen kannten und berücksichti­gen konnten. Schließlich soll noch einmal betont werden, dass die Autoren das Studium der Städteb­augeschichte mit der aktuellen Frage verbinden, wie mit dem baulichen Erbe des Franquismus umgegangen wird oder werden sollte.

Dem Buch sind viele Leser zu wünschen, und es wäre zu hoffen, dass es in der deutschsprachigen aber auch in der spanischen Fachöffentlichkeit (und darüber hinaus) Resonanz erzeugte und einge­hend diskutiert würde. Auf den Listen der besten Sachbücher hätte diese Studie einen her­ausragenden Platz verdient.


Harald Bodenschatz und Max Welch Guerra (Hrsg.):
Städtebau als Kreuzzug Francos. Wiederaufbau und
Erneuerung unter der Diktatur in Spanien 1938–1959
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Berlin: DOM Publishers 2021, ISBN: 978-3-86922-527-2